Charly

Gedichte aus dem täglichen Leben
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gerhard
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Charly

Beitrag von gerhard »

Als Charly,die eigentlich Charlotte hiess,14 Jahre alt war und sich in die hübsche Susanne verliebte,da erinnerte
sie sich an ein Erlebnis in ihrer Volksschulzeit:

Es war Fasching und Kinderball. Erst Jahre später wurde ihr bewusst,warum sie damals nicht
als Prinzessin oder sowas,sondern als Ärztin gegangen war - später wusste sie,warum: weil Ärztinnen nichts
anderes anhaben als ein Arzt. Ein kleiner Junge,der als Cowboy ging,wollte mit ihr tanzen -aber sie schüttelte
den Kopf und ging zu einem Mädchen,das als Polizistin gekommen war.

Und mit dem tanzte sie dann.

"Mama,Papa,kann ich mit euch reden?" -"Um was geht es,Schatz?" -"Heute war in der Schule Kinderball. Ein Junge
wollte mit mir tanzen -und ich bin zu einem Mädchen gegangen. Das ist als Polizistin gekommen -und mit dem
Mädchen hab ich dann getanzt! Ich glaub,ich weiss,warum ich mit einem Mädchen tanzen wollte."

Ihr Papa gab ihr einen Kuss:"Ich glaube,wir wissen es auch schon!" -"Ja,Schatz!"bekräftigte die Mama:"Aber jetzt
wollen wir hören,warum -also,so wie du das glaubst - du mit dem Mädchen tanzen wolltest!"
Charly gab beiden Eltern je einen liebevollen Kuss und sagte dann:"Ich glaub,dass ich ein Junge bin!"

"Oh,das glauben wir auch,Schatz! Und es ist schön,dass du selbst draufgekommen bist!"

"Habt ihr gewollt,dass ich selbst draufkomme?" -"Ja. Denn du sollst das annehmen und dich selbst so annehmen und
liebhaben,wie du bist. Und darum finden wir es schön,dass du selbst erkannt hast,wie du bist."

"Werdet ihr mich so liebhaben? Ihr habt ein Mädchen liebgehabt..." -"...das",setzte ihr Papa fort,"nun erkannt
hat,dass es ein Junge ist. Aber wir haben dich lieb,Charly,ganz genau so,wie du bist!"

Und nun war Charly also 14 Jahre,gross,sehr schlank und schlaksig, mit kurzgeschnittenen,welligen hellblonden Haaren,
einem schmalen,hübschen Gesicht,hellblauen Augen und einem kleinen Mund mit vollen Lippen.

"Ich habe mich in Susanne verliebt,und ich traue mich nicht recht,es ihr zu sagen,weil ich Angst davor habe,
wie sie reagieren könnte!"

Die Mutter gab Charly einen Kuss: "Das einzige,was geschehen könnte,wäre,dass sie dich für lesbisch hält- es sei
denn,unser Charly nimmt all seinen Mut zusammen und vertraut ihr an,dass er ein Junge ist -und was er für sie empfindet!"

Als am nächsten Tag die letzte Schulstunde zu Ende war,ging Charly mit raschen Schritten zu Susanne hin:"Darf ich
dich in die Konditorei gegenüber auf ein Eis einladen?"

Susanne war ebenso groß wie Charly,trug ihr stark gewelltes,brünettes Haar,das ihr ein wenig in ihr breitflächiges Gesicht
hing,halblang,und hatte schrägstehende,grüne Augen und einen etwas zu breiten Mund mit geschwungenen,vollen Lippen.
Und ausserdem hatte sie eine sehr hübsche Figur mit einem ziemlich großen Busen.

Als zwei riesige Eisbecher auf dem kleinen Tisch standen,sagte Charly leise:"Ich habe mich,äh,in dich verliebt,und ich
hab nun ein bisschen Angst davor,dass du mich für,naja,lesbisch halten könntest -obwohl das ja nichts Schlimmes ist!"

"Das ist es sogar ganz bestimmt nicht! Weisst du,dass ich bei Amnesty bin? Da gibt es ein Queer-Netzwerk,das sich
für die Rechte von lesbischen und schwulen und bisexuellen und intersexuellen Menschen und von Transgender-Menschen
einsetzt."

"Was ist "intersexuell"?" -"Wenn ein Mensch körperliche Merkmale,naja,beider Geschlechter hat. Und ich sage dir auch gleich,
warum es mir wichtig ist,dieses Netzwerk zu unterstützen: zwei Freundinnen von mir sind lesbisch,und sie haben sehr
lange gebraucht,bis sie zuerst mal den Mut gehabt haben,sich das selbst einzugestehen -und es dann der jeweils anderen
zu sagen. Aber inzwischen ist es für beide selbstverständlich -und sie sind sehr glücklich miteinander! Und genau darum
hat es sie sehr erschreckt,was sie auf einem Brief bei einem unserer Amnesty-Stände gelesen haben:über zwei lesbische
Frauen im Iran -die deshalb ausgepeitscht worden sind!

Alle Menschen,die"anders" sind,sollen das auch sein können!"

"Ich bin anders!"sagte Charly nun noch leiser:"Ich weiss schon lange,dass ich äußerlich das Mädchen Charlotte,
aber da drin Charly bin -dass ich ein Junge bin. Und ich liebe dich sehr,ich wär sehr gern mit dir zusammen,weil ich finde,
dass du etwas ganz besonderes bist -und ich liebe dich so,wie ein Junge ein Mädchen liebt,mit dem er eben gern zusammen
wäre!"

"Ich find es schön,dass du mich liebst,und dass du mir das sagst! Dass du mich liebst,hab ich schon längst gemerkt,
weil du es nicht verbergen kannst und es auch nicht verbergen willst! Dass du ein Junge im falschen Körper bist,wie`s
ja auch Transgender-Mädchen im falschen Körper,da halt in einem Jungenkörper,gibt,das hätt ich auch schon bemerken
können! Und,äh,wenn ich dich das fragen darf:Willst du ganz ein Junge werden?"

"Ja.Ich hab das Einverständnis beider Elternteile für eine Hormonbehandlung und auch dafür,mir später auch mal einen
künstlichen,na du weisst schon,machen zu lassen:Der wird äußerlich wie ein richtiger Penis aussehen,aber..."

"Ich weiss,was du sagen willst!"sagte Susanne sehr liebevoll:"Ein Mädchen,das bereit ist,mit dir zusammenzusein,
wird -von dir -nie Mutter werden können. Aber was ist,wenn dieses Mädchen trotzdem gern mit dir zusammen wäre
und wenn es sich vorstellen könnte,mal ein Kind zu adoptieren? Ich mag Kinder sehr,ich helf in meiner Freizeit sehr,sehr
gern in einem Kindergarten aus!"

"Und ich geh gern Babysitten,und ich, ich glaube,dass ich für die Babies ein gutes Händchen habe -eigentlich zu meinem
Erstaunen sind bisher alle "meine"Babies ganz liebe Exemplare gewesen! Also bisher keine "trotzigen"und keine"Schreihälse"dabei!"

"Vielleicht spüren sie einfach,dass du ein liebes und liebevolles "Exemplar"bist! Und weil ich davon überzeugt bin,
dass du das bist,möchte ich dir helfen!"

"Und wie?" -"Wenn du das möchtest,möchte ich dir beistehen:ich möchte,dass du spürst:wenn du deine Behandlungen
und auch Operationen hast,dann hast du jemanden,der dich liebhat und an deiner Seite ist! Du wirst ein ganz toller
und sehr liebevoller Junge sein,und es wird ein ganz toller und sehr liebevoller Mann aus dir werden!"

Und dann lächelte Susanne schelmisch und lief zugleich rosa an:"Wenn du möchtest,Charly,kannst du mich jetzt gern
küssen!"
Zuletzt geändert von gerhard am Freitag 3. September 2021, 21:31, insgesamt 2-mal geändert.
gerhard
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Transgender

Beitrag von gerhard »

Es gibt leider immer noch Menschen,die es für ein "Randproblem" halten,ob es für Transgender-Menschen
geeignete Toiletten gibt oder nicht: aber z.B.eine Transgenderfrau will sicher
nicht(mehr)ins Männerklo gehn,weil sie sich ja als Frau fühlt - aber im Damen-WC hat sie wiederum das Problem,
noch einen Penis zu haben!

Es gibt auch leider immer noch Menschen,die sich mit den Problemen der Menschen,die "im falschen Körper"leben,
gar nicht auseinandersetzen bzw.dieses Problem nicht wahrnehmen(wollen).

Es gibt und gab Länder,in denen diese Menschen zwangssterilisiert werden!

Was es auch leider gibt,sind Feministinnen,die mit Transfrauen - weil die mal Männer waren -nichts zu
tun haben wollen -

und Jugendliche, die sich aufgrund von Geschlechterklischees über "männliches" und
"weibliches" Verhalten allzufrüh irreparabel (Penis und Hoden bzw.Brüste,Gebärmutter und Eierstöcke entfernen)
umoperieren lassen! (und einen von der EMMA aufgezeigten Fall eines Transmannes,der wieder eine Frau sein
möchte - aber,weil er/sie schon mit 9 Jahren(!)grosse Brüste hatte,damals arg sexuell belästigt wurde - weshalb
er/sie damals kein Mädchen mehr sein und die Brüste"weghaben" wollte!)

Weil Charly ja ein Transgenderjunge ist,möchte ich besonders auf den engagierten Film"Alle Farben des Lebens"("About Ray")
hinweisen,in dem die engagierte junge Schauspielerin Elle Fanning nach sehr gründlichen Recherchen sehr ambitioniert
das Schicksal eben eines Transgenderjungen,von Ray,der im Körper von "Ramona" "gefangen ist",darstellt.
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