NACKTE FLEISCHESLUST

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heuberger
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NACKTE FLEISCHESLUST

Beitrag von heuberger »

NACKTE FLEISCHESLUST

DIE SPEISUNG DER FÜNFE


Nahe an der ganz jungen Donau, zwischen Donaueschingen und Hüfingen, liegt auf dem Gebiet des Ortes Pfohren, mitten in einem Waldgebiet, der Riedsee, eine Ansammlung von ehemaligen ausgebaggerten Kiesgruben. Inzwischen sind sie vollgelaufen mit Grundwasser und Regenwasser. Und jetzt sind sie ein beliebtes Gebiet für Nudisten, sozusagen ein wildes FKK- Gelände, gerne besucht von Leuten, die dort frank und frei ihren Gelüsten, welcher Art auch immer, nachgehen können. Der Riedsee war also weithin bekannt und verschrien im ganzen Land als Ort der hemmungslosesten Lusterfüllung. Nun wurde der Ort zwar gerne und häufig besucht, aber infolge der Weitläufigkeit des Geländes verliefen die Besucher sich vor Ort im Gebüsch und zwischen den Bäumen des Waldes. So weit, so gut, und so gehabt wie immer.
Nun waren aber die Zeiten der Corona-Pandemie angebrochen, und so geschah es eben, dass viele Besucher sich am Riedsee niederließen, weil die öffentlichen Badeanstalten alle gesperrt waren.
So war es auch an einem Sonntag. Unter anderen waren auch ein Mann und eine Frau dabei, ein Paar, wie man wohl annehmen konnte. Die Frau hatte eine gut hörbare, durchdringende und leicht quäkende Stimme, nicht unangenehm, aber weithin vernehmbar.
Plötzlich rief diese Stimme: „Uwe, witt du a Floischkiachle?“ („Uwe, willst du eine Frikadelle?“)
Unser Uwe war sehr überrascht, aber er rief zurück: „O ja, sehr gerne“.
Nach einiger Zeit ertönte es aus einer anderen Ecke des Waldes: „Prima; ich mag Fleischküchle, vielen Dank“. Dann, wieder aus einer anderen Richtung: „Au ja, das ist eine Supereinladung, prima.“ Und dann, mit einem leichten Kichern: “ Ich höre mich nicht „nein“ sagen“. Dann war nach einiger Zeit wieder die Stimme der Frau vernehmbar, diesmal aber etwas kleinlaut: „Eigentlich habe ich ja bloß meinen Mann gemeint. Er heißt Uwe, und ich dachte, solch ein seltener norddeutscher Name sei hier im Süden nahezu unbekannt.“
„Ooch, schade“, ertönte es enttäuscht vierfach aus den verschiedenen Ecken des Waldes zurück. Dann ertönte wieder die Stimme der Frau, diesmal zuversichtlich: „Seien Sie nicht traurig, Sie müssen nicht hungern. Wir kommen aus Furtwangen und wollten unsere Tochter in Hüfingen besuchen. Dafür habe ich extra viele Fleischküchle gebraten, so eine ganz große Schüssel voll, und dann auch noch einen riesigen Rhabarberkuchen gebacken, mit Baiserhaube. Jetzt ist unsere Tochter aber nicht daheim, also haben wir die Fressalien alle hierher mitgenommen. Sie werden also wirklich nicht hungern müssen.
Dafür haben wir aber jetzt ein ganz anderes Problem: Wir haben nur wenig Brot dabei.
Und Fleischküchle mit Rhabarberkuchen mit Baiserhaube, das schmeckt irgendwie sehr exotisch, aber wir haben nichts Anderes.
Also bitte, greifen Sie zu, es langt für Alle.“
Es reichte wirklich für Alle, und sie wurden alle satt, und sie erlebten hier intensive Fleischeslüste der ganz anderen, ursprünglichen Art, denen sie schamlos frönten.
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