EINE WUNDERVOLLE RACHE

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heuberger
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EINE WUNDERVOLLE RACHE

Beitrag von heuberger »

Sterben in Gottlieben
Am 21.12. 2014 verstarb ziemlich unerwartet im Bezirk Kreuzlingen im Schweizer Kanton Thurgau bei einem Spaziergang auf der Seepromenade Udo Jürgen Bockelmann, besser bekannt unter dem Namen Udo Jürgens, einer der bekanntesten und beliebtesten Sänger, Komponisten und Entertainer deutscher Sprache.
Bei seinem Hinscheiden müssen die Himmlischen wohl augenzwinkernd ihre Hände mit im Spiel gehabt haben. Denn eine derartige Häufung unglaubhafter Zufälle gibt es eigentlich nur in schlechten Kitschromanen.
Zur Begründung muss ich da etwas ausholen.
In einem Interview wurde er gefragt:
„Sind sie denn ein religiöser Mensch“
Jürgens: „Nein, ich bin ein überzeugter Atheist. Immer wieder haben religiöse Fanatiker blutige Kriege ausgelöst. Solchen Menschen darf man nicht trauen.“

So etwas hört man „höherenorts“ nun nicht gerade gerne. Und so beratschlagten die Himmlischen Heerscharen, wie man hier, für alle deutlich sichtbar, ein Zeichen setzen könne, sozusagen eine Landmarke, einen Leuchtturm der Orientierung, auf dem Ozean des Zweifels.

Das war ein Vorgang, der ähnlich verlief wie seinerzeit das Erwachen als Auswirkung nach der etwas unglücklich formulierten Aussage des Tacitus über die Sangeskünste und das Musikverständis bei den Germanen: „Ihr Gesang gleicht dem Krächzen von Raben.“ Sowas hört nun auch niemand gerne. Auch nicht die Germanen und ihre Nachfahren. Man schüttelte ohnmächtig die Fäuste, zerlegte so mal eben das römische Reich in handliche Stücke - und krächzte weiter. Für große Ereignisse an Höfen oder in Kirchen mussten extra Musiker aus dem Ausland angeworben werden. Erst nach vielen hundert Jahren kam man auf die glorreiche Idee, selbst einmal zu versuchen, Musik zu produzieren. Die Ergebnisse waren, zugegebenermaßen, noch sehr bescheiden. Also schuftete man im Untergrund weiter, noch an die fünfhundert Jahre. Und so allmählich ging es dann doch voran. In Italien, Frankreich, den Niederlanden (mit dem heutigen Belgien) blühte eine hochentwickelte Musikkultur. In Deutschland pries selbst Martin Luther, der ein guter Musiker war (seine Frau war noch besser musikalisch ausgebildet), Josquin Desprez als den größten Musiker seiner Zeit. („Josquin ist jetzt der Noten Meister…“)
Und dann kam Heinrich Schütz, der „Vater der deutschen Musik“. Was für ein Vater! Der beste, den man sich überhaupt vorstellen kann! Und dann brach der Damm endgültig: Neben vielen bescheidenen Talenten langten auch wirkliche Spitzenkönner voll zu: Bach, Händel, Wilhelmine von Bayreuth, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Mendelssohn, Schumann, Weber, Wagner, Brahms, Bruckner, Humperdinck, Strauß, Hindemith, Orff, Egk, Mahler, Schönberg, Rihm, Weill, die Kaempferts (Max und Bert), Udo Jürgen Bockelmann und Helene Fischer.

So weit bis jetzt.
Von wegen „krächzen wie die Raben“. Sie krächzten immer besser, schließlich krächzten sie sogar Weltspitze.

Und so ähnlich ging es zu bei der Inszenierung der passenden Antwort auf Herrn Bockelmanns lautes Bekenntnis zum Atheismus. Nur schneller. Was bei den Musikern bis dato noch rund eineinhalbtausend Jahre dauerte, das wurde hier innerhalb eines halben Menschenlebens bewerkstelligt.

Also dachte man sich etwas besonders Apartes aus hinsichtlich Ort und Zeit des Heimrufes. Ob man da wohl fündig wurde?
Man wurde. Und wie!
Nach dem Motto: „Zeigt dem überzeugten Atheisten mal, wo der Hammer hängt“ holte man ihn heim in Gottlieben auf der Seepromenade bei einem Spaziergang. Und noch deutlicher bei der Wahl des Zeitpunktes: 21. Dezember 2014, Wintersonnenwende, Wiedergeburt des Lichts, drei Tage vor Heiligabend.

Wem wird sonst schon die Gnade zuteil, am 21. Dezember, dem Tag der Wiederkehr des Lichts, abberufen und heimgeholt zu werden, und das auch noch in Gottlieben?

WAS FÜR EINE WUNDERVOLLE RACHE !

Einer seiner großen Erfolge :

„Immer, immer wieder geht die Sonne auf
und wieder bringt ein Tag für uns ein Licht,
Ja, immer, immer wieder geht die Sonne auf,
denn Dunkelheit für immer gibt es nicht,
die gibt es nicht, die gibt es nicht.“
Wie passend! Er hat es selbst so beschrieben.

https://www.youtube.com/watch?v=c9KA1gxm1pI


Lieber Herr Bockelmann, lieber Herr Jürgens, Sie haben uns immer wieder Freude gebracht, was kann man von einem Menschen noch mehr erwarten? Ich bitte, den folgenden Satz nicht falsch zu verstehen: Selbst Zeit und Ort Ihres plötzliches Todes rufen bei uns ein Lächeln hervor. Und so wollen wir unsere Trauer über Ihren Verlust verwandeln in Freude darüber und Dankbarkeit dafür, dass Sie so lange unter uns waren.

HERZLICHEN DANK

Einstein meinte, dass der Alte (Gott) nicht würfele. Da mag er gerne Recht behalten. Aber der lacht sich gerne mal ins Fäustchen, das wiederum meine ich.
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