WEM DIE STUNDE SCHLÄGT - ES IST ANGERICHTET

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heuberger
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WEM DIE STUNDE SCHLÄGT - ES IST ANGERICHTET

Beitrag von heuberger »

Immer wieder sind wir baff verblüfft, was ein Feuer so anrichten kann, mit welcher Geschwindigkeit es sich ausbreitet, wie es zerstört und in all der Zerstörung Neues erschafft.

Feuer fasziniert uns. Und gleichzeitig macht es uns Angst. Ich erinnere mich noch gut an die Feuersbrünste auf dem Dorf, in meiner Kindheit. Wenn wieder mal ein Bauernhof abbrannte, mitten in der Nacht, dann gab es ein schreckliches Spektakel im Dorf. Die Sirene heulte eindringlich und furchterregend. Das Jaulen schien nicht aufhören zu wollen. Dann hörte man draußen auf den Straßen die schnellen Schritte von Leuten, die vorbeihuschten und dem Brandplatz zustrebten. Dann sah man auch den Feuerschein. Wenn der Wind ungünstig stand, so roch man auch den Brand, ein unangenehmer, sehr scharfer Geruch. Ich ließ mir später sagen, dies käme vom uralten Staub und von den vielen Spinnweben, die in solch einem alten Bauernhaus wären, vor allem im Gebälk. Kam man dem Brandplatz näher, so hörte man deutlich das Knistern und Knacken des brennenden Gebäudes, manchmal auch einen lauten Knall.

Am schrecklichsten aber war der Anblick der brennenden Kleintiere, die verzweifelt herumrannten, bis sie tot zusammenbrachen. Und das Ganze gespenstisch untermalt von dem Geheul der Sirenen. Alles in allem: Eine Szenerie voll des Schreckens, der der Apokalypse vorausgeht.

Und dann staunen wir über das Neue, das an der Stelle des Schreckens entsteht.

Und so soll hier die merkwürdige Geschichte des Peter-Eugen Z. aus Trossingen erzählt werden, seinem vorgeblich schrecklichen Ende, seiner wundersamen Errettung, und der rätselhaften Botschaft des Schicksals.
Peter-Eugen Z. war ein noch junger Mann von gerade mal 35 Jahren. Er wohnte in einem etwas heruntergekommenen alten Bauernhaus, das er von seiner Großmutter mütterlicherseits geerbt hatte. Da er in seinem Beruf nicht so viel verdiente, um sein Haus auf einmal komplett zu renovieren, musste er dies eben abschnittweise tun, so, wie es seine Finanzen zuließen. Für den ersten Winter stand da natürlich ein Austausch der Heizung an. In jedem Zimmer stand ein uralter Holz- und Kohleofen, alle in sehr schlechtem Zustand. So wollte er unbedingt eine Art Zentralheizung einbauen. Von einem Freund hörte er von den großen Vorteilen von Warmluftöfen einer ganz bestimmten Marke. Diese bestanden aus einem zentralen Ofen, der befeuert wurde mit Holz oder Kohlen, und daher Kaminanschluss brauchte. Dann hatte dieser Ofen viele Anschlüsse für große Metallröhren, in denen die heiße Luft direkt vom Zentralofen aus in die einzelnen, zu beheizenden Räume geführt wurde. Eigentlich eine wunderbare Sache, abgesehen von den optisch gewöhnungsbedürftigen sehr großen und langen Röhren für die Warmluft. Nun bestand, bei zu intensivem Gebrauch, die Gefahr der Überhitzung. Deshalb mussten diese Öfen bei Betrieb immer überwacht werden. Dies alles kümmerte aber unseren Freund Peter-Eugen Z. wenig. Die Heizung wurde bei ihm an einem Samstagmorgen im späten November installiert. Da die Außentemperatur bereits weit unter null Grad sank in der Nacht, wurde der Ofen auch sofort in Betrieb genommen. Zusammen mit der wohligen Wärme breitete sich im ganzen Haus auch ein unangenehmer scharfer Geruch aus, der eben entsteht, wenn neue Öfen eingebrannt werden. So wurden also in allen Zimmern alle Fenster sperrangelweit geöffnet, damit der unangenehme Geruch wieder abzöge. Das tat er denn auch. Allerdings zusammen mit der wohligen Wärme. Der neue Ofen bullerte also gemütlich - und stank gräßlich.

Und so sah sich unser Freund, ein Schwabe, gezwungen, ganz gegen seine Natur, also ganz unschwäbisch, sich dem Laster der Verschwendung hinzugeben, einer Todsünde, die bei fanatischen Schwaben ganz oben auf der Liste der perversesten Verdorbenheiten steht, auch heute noch! Aber was hätte er sonst denn gegen den schrecklichen Geruch und gegen die verräucherte Luft tun sollen?

So wurde also intensiv die Umwelt des Hauses geheizt, bis der Abend hereindämmerte.

Ganz sachte bereitete sich das Städtchen auf die Nachtruhe vor. Morgen wäre dann Sonntag.

Mitten in der Nacht, so etwa 5 vor dreiviertel vier (03:40 Uhr!), schrillte das Telefon bei der Mutter des Peter-Eugen Z. in Schura, einem Nachbardorf des Städtchens Trossingen. Als sie endlich, noch schlaftrunken, den Hörer abhob, teilte ihr der Kommandant der Trossinger Feuerwehr mit, - dass im Bauernhaus ihres Sohnes ein Feuer ausgebrochen sei, - es infolge der Hitzeentwicklung nicht betreten werden könnte, äußerlich zwar einen unversehrten Eindruck machte, aber jederzeit wohl zusammenbrechen könne. - Die Löscharbeiten beschränkten sich somit auf den Schutz der Nachbarhäuser. - Das Brandhaus sei wohl nicht mehr zu retten.
- Vom Bewohner sei keine Spur zu sehen oder zu hören. Man müsse also mit seinem Ableben rechnen, könne aber erst genaueres sagen, wenn die Brandstelle betreten werden könnte.

Er schloss das Gespräch mit der Frage, ob man ihr einen Seelsorger vorbeischicken solle, schließlich sei dies nun doch eine etwas schwierige, neue und ungewohnte Situation für sie.

Als sie daraufhin nur schluckte, sonst aber keine weitere Antwort gab, wünschte der Kommandant ihr noch eine gute Nacht und legte erleichtert auf. Wir wundern uns immer wieder, mit welch beeindruckendem Zartgefühl beamtete Männer in Uniform Hiobsbotschaften und sonstige schlechte Nachrichten überbringen. Die gute Schulung bringt´s!

Für die Mutter, eine alte Frau, wurde dies nun keine ruhige oder gar gute Nacht. Sie wälzte sich schlaflos in ihrem Bett hin und her und dachte an ihren Sohn. Schließlich dämmerte sie doch hinüber und schlief wieder ein – tief und fest.

Da schrillte wieder das Telefon. Die Schläferin schreckte auf und griff, noch halb wie in Trance zum Hörer. Dann stieß sie einen Schrei aus, sprang auf, stand senkrecht in ihrem Bett und wurde kreidebleich. Es war ein Anruf aus dem Jenseits. Peter-Eugen, ihr Sohn, war am Apparat und lud sie zu sich ein zum Sonntagnachmittagskaffee in sein Haus. Endlich habe er eine richtige Heizung und es sei jetzt immer gemütlich warm, und man brauche nicht mehr so jämmerlich zu frieren. Und falls sie Kuchen zum Kaffee wolle, so müsse sie den selber mitbringen.

Die alte Frau atmete schwer und schwieg. Da fragte er, ob bei ihr alles in Ordnung sei. Dies endlich brachte sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

Mit zitternder Stimme fragte sie ihn stotternd, von wo aus er sie denn anriefe. Da meinte er fröhlich, er habe die Nacht bei seiner neuen Freundin verbracht, die er seit 2 Tagen erst kenne. Jetzt endlich begriff sie. Sie erzählte ihm von dem nächtlichen Anruf, der anschließenden, schrecklich schlaflosen Nacht und seiner Aufklärung. Dann meinte sie, er solle schnellstmöglich zu seinem Haus fahren und nachsehen, ob noch etwas stünde.

Dann, als sie aufgelegt hatte, kroch sie eine Weile auf allen Vieren auf dem Boden hin und her, unterbrochen von lauten Lachanfällen. Sie war von Haus aus eigentlich immer eine sehr fromme Frau gewesen, bis hin zur Frömmelei und Bigotterie, aber jetzt beschloss sie, Verfehlungen der Wohllust zumindest milde zu betrachten, wenn nicht gar zu preisen, nachdem sich diese als fähig erwiesen hatte, nicht nur, wie üblich, neues Leben zu erschaffen, sondern auch altes, bereits existierendes Leben, zu erhalten, wie es an ihrem Sohn geschehen war.

Eugen-Peter Z. aber fuhr nach diesem Gespräch, so schnell er konnte, zuerst in seine Kleider und dann zu seinem Haus (!).

Später berichtete er, was er dort vorfand. Die Feuerwehr hielt noch Wache bei der Brandstätte, um etwaige Glutnester sofort zu erkennen und zu löschen. Von außen sah das Haus beinahe unbeschädigt aus, abgesehen von einigen schwarzen Rauchspuren oben über den Fenstern am Mauerwerk. Die Fensterläden waren alle geschlossen. Mit einem der Feuerwehrmänner zusammen betrat er das Haus. Ihm war, als wäre er auf einer fremden Welt gelandet. Die Wände standen alle noch, und die Treppe, die ins obere Stockwerk führte.

Die Zwischenböden und Zimmerdecken aber waren sämtlich zusammengebrochen und bis in den Keller hinabgestürzt. So lagen also hinter den Zimmertüren keine Zimmer mehr sondern es gähnte dort ein Abgrund, vom Dachfirst bis hinab in den Keller.

Die kurioseste Sache war aber das ehemalige Wohnzimmer. Es hatte den vollen Durchblick, nach oben und nach unten. Ein schmaler Teil des alten Fußbodens an einer Wand war stehengeblieben. Und auf dem stand noch ein Sideboard, merkwürdigerweise vollständig erhalten, nicht mal angesengt, mit dem gesamten Inhalt, Geschirr und Gläsern. Drei Beine des Sideboards standen fest auf dem Rest des Fußbodens, während das vierte Bein ins Leere zeigte. Da war kein fester Boden mehr. Man wagte kaum zu atmen, vor lauter Furcht, das Sideboard könnte dadurch das Gleichgewicht verlieren und in die Tiefe stürzen.

Und dann wurde es geradezu unheimlich. Auf dem Sideboard stand noch die alte Tischuhr aus den Fünfziger Jahren, aus Holz, fein lackiert, mit Westminsterschlag, alle Viertelstunde. Als sie den Raum betraten, meldete sich die Tischuhr. Sie schlug die volle Stunde und dann elf Uhr. Was für ein Lebenszeichen! Allerdings schien auch sie eine Macke abgekriegt zu haben, denn sie schlug im Viertelstundentakt die volle Stunde, und immer elf Uhr. Sie war ein Geschenk seiner Exfreundin gewesen, der Vorgängerin seiner aktuellen Holden. Dies mag einiges erklären.

Bei der Erörterung der Brandursache wurde schnell klar: Der neue Ofen war´s, bzw. die falsche Art der Benützung. Es war zu stark geheizt worden, ein Fehler, der bei allen Holz- und Kohlenheizungen gemacht wird, wenn man das Heizen an solchen Öfen nicht gelernt hat. Die Warmluft in den Zuleitungsröhren war viel zu heiß gewesen. Das Metall dieser Röhren hatte sich erhitzt und somit das ganze Haus in Brand gesetzt.
Wer so etwas anrichtet, der braucht sich nicht zu wundern, wenn hinterher angerichtet ist!

Wir sehen also, was geschehen kann, wenn diese Dinge zusammenkommen: Ein neuer Feuerofen, Unkenntnis darüber, wie der zu bedienen sei, Partnerwechsel.

FRIEREN UND EINHEIZEN KANN LEBEN KOSTEN.
LÜSTERNHEIT KANN LEBEN RETTEN.
DA FÄLLT DIE WAHL WOHL NICHT SO SCHWER.
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