Was hätten die Alten Griechen gesagt?

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gerhard
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Was hätten die Alten Griechen gesagt?

Beitrag von gerhard »

"Oh,Vater,siehst du nicht,was da in unserem Land geschieht? Sollten wir diesen verzweifelten Menschen nicht helfen?"
Zeus konnte sich nicht erinnern,seine Tochter Athene,die so erhaben-würdevolle Göttin der Weisheit,jemals so bestürzt
und aufgeregt erlebt zu haben:

"Was erwartest du von mir oder überhaupt von uns? Niemand von uns hat diese Menschen geschaffen,das war Prometheus,
und vergiss nicht,wie er dafür bestraft worden ist!"

Hoch vom Olymp aus konnten die Göttinnen und Götter die Menschen sehen,die von der Türkei aus nach Griechenland
kamen - wo sie mit Wasserwerfern und Blendgranaten "begrüsst" wurden und vielfach in heillos überfüllten erbärmlichen
Lagern landeten.

"Mein Mann(=Hades) hätte sicher viel Platz,naja,wenn es diesen Menschen genügt,einen wettergeschützten und sicheren
Ort vorzufinden - und die Nachteile -kein Licht,keine Sonne,wenig Luft - in Kauf nehmen!"sagte Persephone.

"Und wenn sie sich nicht gleich beim Anblick von Charon(dem "lebenden Skelett",das die Toten über den unterirdischen
Fluss Styx fährt)oder dann von Zerberus zu Tode erschrecken - aber dann wären sie ja gleich am richtigen Ort!"
Oh ja,Athene konnte auch sarkastisch sein!

"Ich bin zwar..."sagte die wunderschöne Aphrodite,"für eine andere Art von Liebe,also nicht grad für die,die diese Menschen jetzt am meisten brauchen,zuständig - aber dass sie Liebe brauchen,das denke ich auf jeden Fall!"

Athene wendete sich an die Weisen:"Was denkt ihr darüber?"

Sokrates:"Ich weiss,dass ich nichts weiss!" Als dann Platon begann,aus seinen Texten zu deklamieren,schob sich
Aristoteles energisch dazwischen:

"Du,Diogenes,würdest jetzt wahrscheinlich nichts anderes als"Geht mir aus der Sonne"sagen. Ich könnte etwas über
die Schriften sagen,die ich über Politia geschrieben habe,aber es geht ja jetzt nicht darum,was jemand über Politia
sagt und schreibt,sondern was jemand dazu tut!"

"Und das sollte!"meinte Athene:"vielleicht nicht grad dein Schüler sein!"

"Du meinst Alexander. Ja,der würde wahrscheinlich sein Heer in Marsch setzen - was gewiss denen sehr gefallen
würde,die ohnehin meinen,in jedem Fall,auch und gerade in diesem,zu Waffengewalt greifen zu müssen!

Agamemnon wäre gewiss noch schlimmer,der würde gegen diese verzweifelten Flüchtlinge auch nicht anders vorgehen
lassen als damals gegen die Trojaner - und nachher,ganz würdevoller Herrscher,danach gefragt,was nun mit den
Flüchtlingen ist,würdevoll:"Welche Flüchtlinge?"sagen."

Sokrates:"Ich weiss zwar,dass ich nichts weiss,aber soviel weiss ich,dass Perikles auch nicht der richtige wäre:
der ist ja Demokrat,würde also diejenigen,die stimmberechtigt sind - also alle ausser den Frauen und den Sklaven -
abstimmen lassen - und sich dann nach dem Ergebnis der Abstimmung richten: wenn von denen,die überhaupt
an der Abstimmung teilnehmen,50 1/2 Prozent dafür stimmen,den Flüchtlingen zu helfen,würde er sie dann nochmals
über die Möglichkeiten der Hilfe,über jede einzelne Möglichkeit,abstimmen lassen - und ich weiss ganz sicher,dass diese armen Menschen nicht in der
Lage sind,so lange zu warten,bis alle diese Abstimmungen beendet sind!"

"Dann!"so fuhr Aristoteles fort:"bleiben eigentlich nur mehr Solon und Peisistratos übrig,na gut,eventuell noch
Themistokles - falls der nicht auf die Idee kommen würde,alle Flüchtlinge in die Schiffe der griechischen Flotte
zu verfrachten,irgendwo hinzuführen und sie dann dort ihrem Schicksal zu überlassen!

Solon ist weise,aber vielleicht etwas zu weise! Also,dann bin ich dafür,das ganze Peisistratos zu überlassen!"

Platon:"Du weisst aber schon,dass er ein Tyrann ist?"

"Ja,das weiss ich! Er ist dank seinem Reichtum und mit Hilfe seiner Soldaten an die Macht gekommen,und Demokratie
ist nicht so ganz sein Ding! Aber er ist sehr entschlossen,und er kann sehr gut organisieren. Fragen wir ihn doch einfach!"

Peisistratos,Begründer der "Tyrannis",betrat ruhigen Schrittes den Olymp:
"Danke,dass ihr meine Meinung hören wollt:Es wird euch nicht überraschen,von mir zu hören,dass man es mit
der Demokratie, die ja lange nach mir in unserem Land "erfunden" wurde - halt ohne sich um die Meinung
der Frauen und Sklaven zu kümmern! -,auch übertreiben kann!

Ich teile die Meinung,dass verzweifelte Menschen,die jetzt Hilfe brauchen,nicht solange warten können,bis
zig Abstimmungen zu Ende sind. Mein "Ding" war und ist,für ein,wenn auch nicht"demokratisches",Ordnungssystem
zu sorgen, in dem alles so geregelt ist, dass die Menschen ein einigermassen gutes Leben führen können,in dem
sie mit allem versorgt sind,was sie für ihren Lebensunterhalt brauchen - und mit anderen Dingen wie Bildung und Kultur
noch dazu!

Lange Zeit nach mir hat man das"aufgeklärten Absolutismus" genannt!

Wenn ihr mir vertrauen wollt,dann werde ich dafür sorgen,dass diese Menschen aus diesen schrecklichen
Lagern weg und in feste Häuser kommen.

Dass die Menschen,die nun mit Waffengewalt gegen die Verzweifelten vorgehen,dorthin zurückkehren,woher
sie gekommen sind.

Dass die Kinder in Schulen und die Menschen,die krank sind,zu guten Ärzten kommen.

Dass langfristig diese Menschen - in Werkstätten,Handwerksbetrieben,in der Landwirtschaft und so weiter -zu einer
Arbeit kommen,von der sie leben können!

Und wenn sie dann das haben,was sie zum Lebensunterhalt brauchen,dann sollen sie auch die Möglichkeit
haben,an unserer Kultur,für die wir ja berühmt sind,teilnehmen zu können! Denn dann werden sie (wieder)die
Kraft haben,sich auch mit Dingen,die nicht "lebensnotwendig" sind,zu beschäftigen.

Obwohl das ja eigentlich nicht stimmt: denn wir reden ja von Menschen,nicht von Tieren,und auch ein Tier
braucht Zuwendung,Streicheln,Liebe....

Und nicht nur Futter!

Und zu einem wirklichen Leben gehört auch Freude, Sinn,Erholung,Genuss,Kultur dazu!"

Und dann machte sich der "Tyrann" Peisistratos,ohne irgendwelche "demokratischen"Abstimmungen,
aber dafür entschlossen,mit der göttlichen Hilfe durch Athene,der wirksamen Hilfe seiner Getreuen und Soldaten
und der sehr wertvollen Kraft von Herakles, ans Werk!

Und Aristoteles strich sich über seinen kurzen Vollbart und sagte: "Ich komme zwar erst lange nach deiner Zeit,mein lieber Peisistratos, aber würdest du in meiner Zeit
leben,dann würde ich stolz sagen,dass wenigstens ein Mensch das,was ich gesagt und geschrieben habe,ja,mehr
noch:was ich gemeint habe und wollte, verstanden hat!"
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