Das Quellen- und das Kaffeeland: Jamaika und Äthiopien

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gerhard
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Das Quellen- und das Kaffeeland: Jamaika und Äthiopien

Beitrag von gerhard »

Die schöne 42jährige Journalistin Daniela würde zwei Dinge niemals vergessen: Ihre erste Begegnung mit ihrem Ehemann Daniel - und die
erste Begegnung mit Almaz Böhm und deren Kindern Aida und Nicolas.

Eines schönen Tages war eine hübsche 14jährige im Kino gesessen - und hatte -fasziniert, gespannt , aber auch oft lachend! - den Film
"Cool Runnings" (über 4 Jamaikaner, die von ihrer subtropischen Insel in das klirrendkalte Kanada der Olympischen Winterspiele 1988(Calgary)
reisten - als Bobmannschaft!) verfolgt - und genossen!

"Ja, wer hätte das gedacht - Jamaika hat ne Bobmannschaft!"

Daniel küßte seine Frau lange auf ihren Mund: "Ich liebe das Foto, auf dem Du als 14jährige vor einem, in deinem Zimmer angebrachten,
Filmplakat von "Cool Runnings" zu sehen bist: Damals haben dein Interesse und deine Faszination für mein Land begonnen, nicht wahr?

Du warst für eine 14jährige schon sehr "entwickelt", viele schätzten dich auf 17,18, stimmt doch auch, nicht? Und NUN siehst Du höchstens
wie Mitte 30 aus - bist also äußerlich grad mal 18 Jahre "älter" geworden! Und da drinnen (Daniela bekam liebevolle Klapse auf ihren Busen)
bist du ohnehin immer sehr jung geblieben!"

Daniela, groß, schlank, halblange, wellige, dunkelbrünette Haare, haselnußbraune Augen, ein schöngeschnittener voller Mund, bewunderte
das gute Deutsch ihres Mannes - und freute sich(und lachte), wenn er - als Abwechslung dazu! - in sein so herrlich kehlig klingendes
Jamaika-Pidgin fiel: "Mi waan` bruck out fi som` roots reggae tonight":

"Heute Nacht will ich zu "Roots Reggae" abgehen!" "Mi mek mi move my foot fi som`reggae!" = "Ich möchte meine Füße zu Reggae bewegen!"

Und was Daniela liebte, das war die Art, wie Daniel sie, mit einer Umarmung und liebevollen Küssen, tröstete, wenn sie traurig war:
(Und als Zuspruch, als vor 4 Jahren die süße Tochter Jada zur Welt gekommen war - und die glückliche Madda gleichzeitig strahlend
gelächelt und Tränen in den Augen gehabt hatte)

"Nah woman, nuh cry!" (Nein,(meine)Frau, weine nicht!"

Vor 6 Jahren war Daniela das erste Mal in ihrem Leben nach Jamaika gereist und hatte in einer Bar den Kaffelikör Tia Maria und
jamaikanisches Bier genossen - als auf einmal ein großer, schlanker junger Mann (damals 26) hereingekommen war: braunes Gesicht,
dunkle Augen, großer Mund mit kräftigen Lippen - und "natürlich" Rastalocken.

Nachdem die beiden geheiratet hatten, hatte Daniel (der leidenschaftlicher Musiker und ebenso leidenschaftlicher Hobby-Koch war) "seiner" Daniela alle möglichen jamaikanischen Gerichte beigebracht:
Etwa "Jamaika Pepperpot" (u.a.aus Kotelett, Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Peperoni, Blattspinat, Garnelen, Chilischoten, Kokosmilch,
Limettensaft und natürlich Pfeffer bestehend),
Karibisches Huhn und, als Nachtisch, "Bananas Calypso":

1/3 Cup Zucker
1/4 Cup ungesalzene Butter
2 EL Limonensaft
1/2 TL Zimt
4 Bananen
1/3 Cup Rum
Vanilleeis

Die Bananen werden gegrillt, in Scheiben geschnitten und in eine feuerfeste Form gegeben:
darüber kommt die Butter, worauf noch weitere 5 Minuten gegrillt wird.
Dann den Rum über die Bananen gießen und flambieren!
Die Flammen ausgehen lassen und sofort über Eiscreme servieren!°

Und das ganze - Hmmmm! - mit Daniel/Daniela geniessen!

Daniel stammte von armen Bauern, war aber sehr ehrgeizig: Und so wurde aus dem Bauernsohn ein Lehrer für Englisch und Geschichte,
der sich obendrein sehr für Menschenrechte einsetzte.

Es dauerte nicht lange, bis ihn die sehr offene und herzliche Daniela immer mehr zu faszinieren begann!

Und umgekehrt war es genauso: abgesehen von seinem sehr guten Aussehen war Daniel sehr freundlich und sehr fröhlich - und schon
bald begann er, begleitet von sehr viel Lachen und sehr viel gemeinsamem Reggae- und Calypso-Singen, ihr seine Heimat zu zeigen:
Etwa die wundervollen Dunn`s River Wasserfälle - und selbstverständlich das Bob-Marley-Museum!

Bis die beiden dann an einem weiteren sehr schönen - und unvergesslichen! - Tag in einem Pfarrsaal im schönen Salzburg sassen:
in dem Almaz Böhm, die Witwe des Schauspielers und aktiven Humanisten Karlheinz Böhm, auf der großen Leinwand einen Film über
ihr Heimatland Äthiopien vorführte - und den Menschen, die im Saal saßen, über das gemeinsame Lebenswerk von ihr und "Mister Karl"
erzählte.

Die schöne Almaz lachte sehr herzlich, als sie von der sprachbegabten Journalistin mit "K`eni Melikami" begrüsst wurde.

Und dann erzählte sie: Wie sie Landwirtschaft studiert hatte; wie sie als "Fachfrau" in die Hilfsorganisation "Menschen für Menschen"
gekommen war - und wie sie "Mr.Karl"(ihren zwar 2014 verstorbenen, aber unvergesslichen Mann)kennengelernt hatte!

Einen gutaussehenden Mann, der ihr sofort das Gefühl gegeben hatte, sie voll zu respektieren - und in den sie sich auch "deshalb"
sofort verliebt hatte:
"Es ist - leider - lange her, dass in den "altafrikanischen" Kulturen Frauen eine bedeutende und wichtige Rolle spielten: und mehr als
eine Rolle! Sie übten wirkliche Macht aus! So wie etwa die "Ashantihina", die Mitregentin der Könige des Ashanti-Reichs im heutigen
Ghana in Westafrika! Die stand einem eigenen Rat vor und war die wichtigste Beraterin des Königs der Ashanti - der obendrein ohne
sie gar nicht König werden konnte!

Dann kam die lange Kolonialzeit, nach deren Ende sich die neuen afrikanischen Herrscher als "Chiefs", als Häuptlinge, verstanden:
und weil sie leider die einstige große Bedeutung der Frauen im "Alten Afrika" "vergessen" hatten, verhielten - und verhalten! - sie sich
in vielen Fällen als "Machos", für die Frauen und Mädchen Wesen von "geringerem Wert" sind.
Die Frauen sollen gehorsam sein und "am besten" schon mit 8 Jahren sowas "ihren Mann" heiraten - und "müssen" "natürlich"
beschnitten sein: denn was wäre das für eine Frau, die erstens noch eine Klitoris und Schamlippen - und zweitens dazu auch noch
Eigenständigkeit und Selbstbewußtsein hätte!

Mein Mann respektierte von Anfang an MEINE Eigenständigkeit und MEIN Selbstbewusstsein - so wie er sich selbst SEINE Eigenständigkeit
geschaffen hatte! Er war ja der Sohn eines berühmten Dirigenten und selbst ein berühmter Schauspieler. Nie werde ich vergessen,
wie mir ein Freund von Karl die berühmten Sissi-Filme zeigte: Damals verstand ich noch kein Deutsch - was ich sofort sehr gut
verstand, das war, was für ein wunderschöner junger Mann mein Karl "damals", als Darsteller des jungen Kaisers Franz Joseph, gewesen
war!

Und so wie Romy Schneider, die Darstellerin der "Sissi", "ausbrach", nicht mehr die "süße Sissi", sondern eine eigenständige Schauspielerin
sein wollte (unter anderem in einem Film des Regisseurs Visconti über Ludwig II. als ERWACHSENE und selbstbewusste Sisi!), so brach
auch Karl doppelt aus: Erstens, indem er ganz bewusst in einem Horrorfilm,"Augen der Angst", die Hauptrolle übernahm: als "Gestörter",
der Frauen ein Messer an den Hals setzt - und dann ganz gezielt seine Kamera auf ihre "Augen der Angst" richtet:

Er will die Todesangst der Frauen - UND den entsetzten, letzten Blick der Augen angesichts des Todes einfangen.
Ein Film, mit dem Karl - ein wahrer Frauenfreund und Feminist! - bewusst provozieren wollte!

Und zweitens durch seine Arbeit für Afrika: die Menschen in meinem Heimatland Äthiopien
werden ihn nie vergessen - und wir äthiopischen Frauen schon gar nicht: Weil er UNS respektierte, weil er uns als gleichberechtigte
Menschen behandelte - und unter anderem, und zwar indem er sehr geschickt muslimische Imame, die dann ihren Einfluss auf die anderen
Männer nutzten, ebenso wie Stammesführer für sich und seine Anliegen gewann, durch sein entschlossenes Engagement gegen die
Genitalverstümmelung!

Es gibt heute ein Denkmal für ihn - obwohl die wichtigsten "Denkmäler" - und wir alle wissen, dass "Denkmal" von "Denk (ein)mal" kommt! -
die Brunnen, die Farmen, die Straßen, die Schulen - und die Menschen, für die er da war, sind!"

Nun nutzte Daniel die Gelegenheit, sich zu Wort zu melden:
"Sie wissen ja, dass und warum viele Menschen bei uns in Jamaika den einstigen Kaiser Haile Selassie verehren!"

"Ich weiss!"sagte die schöne Almaz Böhm lächelnd: "Vor allem die Rastafarianer mit ihren Bärten und Dreadlocks, für die "Ras Tafari",
also König Tafari (Makkonen),eine Art "Messias" ist. Um nicht gleich "eine Art Gott", ein "göttliches Wesen", zu sagen!
Haile Selassie hiess ja ursprünglich Tafari Makonnen, bevor er als Kaiser den Namen "Haile Selassie"("Heilige Dreifaltigkeit")annahm!"

Daniel: "Bob Marley hat in seinem Lied "Buffalo Soldiers" etwas Wesentliches sehr gut ausgedrückt: "Stolen from Africa,brought to America!"
Und auf die karibischen Inseln - wo "zuerst" die Ureinwohner, die Kariben, die Menschen,denen einst Kolumbus begegnet war, ausgerottet
worden waren!

Unsere Vorfahren waren Sklaven, und deren Mütter und Väter kamen aus Afrika! Und dann auf einmal hörten wir Nachfahren von Sklaven
von einem Land, in dem es dunkelhäutige, afrikanische Lehrer, Polizisten, Soldaten, Ärzte, auch dunkelhäutige Piloten gab.
Und "darüber" einen afrikanischen König, Kaiser, Herrscher!
Einen Mann, der sich bemühte, etwas gegen die Sklaverei zu tun, der für Straßen, für Schulen, für Krankenhäuser und anderes sorgte!
Als dieser Mann auf Staatsbesuch nach Jamaika kam, da war dies für die Rastafaris DAS Ereignis ihres Lebens: "Ihr lebender Gott" kam
zu ihnen!

Und als er 1974 ermordet wurde, da waren "auch" wir in Jamaika zutiefst bestürzt und maßlos entsetzt! Und als er lange nach seiner
Ermordung ein wirkliches, christliches Begräbnis bekam, da war es ganz selbstverständlich, dass seinem Sarg auch sehr viele Rastafaris,
die extra nach Äthiopien reisten, gefolgt sind!"

Almaz: "Niemand wird und kann bestreiten, dass Haile Selassie von Demokratie, von einem wirklichen Parlament, einer wirklichen
"Volksverfassung" -die,die er erliess, die diente ja vor allem seiner Macht! -,wirklichen Reformen weit entfernt war!
Aber er bemühte sich, und er verbrachte sehr lange Arbeitstage, um für die Menschen in meinem Heimatland zu sorgen - und es
war ihm eine Herzenssache, die "kleinen Leute" dort, wo sie daheim waren,aufzusuchen - und ihnen zu zeigen:"Ich bin für euch da!

Obendrein gründete er ja auch die "Afrikanische Union", die ja nach wie vor ihren Sitz in Addis Abeba, unserer Hauptstadt, hat.
Und indem er sich für Entkolonialisierung und für die Zusammenarbeit der "neuen" Afrikanischen Staaten einsetzte, wurde er als
"Vater Afrikas" gewürdigt. Und dazu gab es "noch" einen jungen Mann namens Nelson Mandela, dem in Äthiopien beigebracht wurde,
wie MANN mit Waffen umgeht!

Ich bin die letzte, die viel von Waffen halten würde - obwohl ich verstehen kann, wenn Menschen "auch" mit Waffen für ihre Freiheit
und ihre Rechte kämpfen! Was ich NICHT verstehen will, das ist, wenn Menschen "Freiheit!" rufen und in Wahrheit IHRE Diktatur
meinen: so wie es der Diktator Mengistu tat, der, kaum an die Macht gekommen, für Massenhinrichtungen "sorgte"!

Aus dem jungen Nelson Mandela wurde der Mann, der in der sehr langen Haft alt und weise wurde - und sich fortan für Versöhnung
und Verständigung einsetzte - als Mann des Friedens, der Versöhnung und der Verständigung. Und aus dem jungen,tatkräftigen König Tafari
und dem auch noch jungen, energischen und reformfreudigen Kaiser Haile Selassie wurde ein alter Mann, der letztlich für wirkliche
Veränderungen und wirkliche Reformen ZU alt wurde!
Der aber ganz gewiss seinen grausamen Tod NICHT "verdient" hat!"

Am Ende der Veranstaltung gab`s besten äthiopischen Kaffee (übrigens von einer unabhängigen Kooperative und "fair trade") - und "Watt"
(Hackfleischeintopf mit Gewürzen, hart gekochtem Ei und scharfer Sauce) und dazu das berühmte äthiopische Injera-Brot.

"Dehina Huni" ("Auf Wiedersehen!") und "T´irati" sagte die schöne Journalistin Daniela (zur großen Freude der lächelnden Almaz Böhm)
in bestem Amharisch!
"Tanks!"(Dankeschön)fügte Daniel hinzu.

Und er und seine Frau und Almaz Böhm freuten sich sehr darüber, dass an diesem Abend sowohl SEINE Heimat Jamaika, das "Quellenland", als auch die
Heimat von Almaz, Äthiopien, das "Kaffeeland", angemessen und wohlverdient gewürdigt worden waren!!
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