Die arme Bella

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gerhard
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Die arme Bella

Beitrag von gerhard »

Auf einer grossen Weide unterhalten sich drei Kühe: die erste erzählt über einen sehr lebhaften jungen Stier:"Naja,ihr könnt euch vorstellen,
was er von mir gewollt hat!"

Die zweite erzählt über einen sehr lieben Stier,von dem sie immer gaaaaanz lieb abgeschleckt wird.
Die dritte erinnert sich an einen sehr doofen Ochsen, der immer nur von seiner Operation erzählt hat!

Daneben steht Bella,eine grosse,stattliche Milchkuh - die sehr traurig dreinschaut.
Es geht ihr zwar nicht so schlecht wie...
Ja,wie wem?

Es gibt Länder,in denen "Turbokühe" gezüchtet werden: Stellt euch,liebe Leserinnen und Leser,eine Kuh vor,die sooo ein Rieseneuter
hat,dass sie sich praktisch nicht mehr rühren kann!

Und stellt euch Kühe vor,die soooo viel mehr Milch geben müssen,als ihr Körper verträgt - und darum auch viel früher sterben - als zum
Beispiel Bella.

Eine liebe,süsse kleine Maus ist mit den Kühen auf der Weide sehr gut befreundet.
Ganz sanft fährt sie mit ihrer winzigem Mäulchen über die sehr grossen Lefzen - die Lippen - der Kühe!
Und weil sie so lieb und freundlich ist,darf sie von den Zitzen weg Milch trinken - und riesige Zungen schlecken behutsam
und liebevoll über ihren kleinen Körper und ihr kleines Mäusegesicht.

Wenn die kleine Maus den Spazierweg,der an der Weide entlangführt,hinunterhuscht,kommt sie zum Dorfplatz - und zu einem
kleinen Supermarkt.

Weit nicht so gross wie die Riesensupermärkte in grossen Städten - oder gar die riesigen Einkaufszentren am Rand von Städten -
in denen es längst keine kleinen Geschäfte mehr gibt.

Am liebsten ist das Mäuschen in der Nacht in dem kleinen Supermarkt:Da wird es von niemandem gestört, und da kann es ungehindert
alle möglichen leckeren Käsesorten durchprobieren!

Am Tag dürfte sich die kleine Maus höchstens von einer netten hübschen jungen Kassiererin sehen lassen, die das Mäuschen lieb
streichelt,es an ihre schönen vollen Lippen führt - und ihm einen zarten Kuss auf das kleine Mäulchen gibt.
Aber schon kommt eine Kollegin oder der nächste Kunde - schon sitzt die vorgeschriebene Maske wieder über Mund und Nase der
jungen Frau - und das Mäuschen kommt in eine Schublade,wo es niemand sehen kann - und wo für es immer ein Stück Käse liegt!

Eines Nachts bekommt das Mäuschen bei dem,was es in einem Regal sieht,einen Riesenschrecken!

Als sie wieder zur Weide kommt,schleicht die kleine Maus sehr gedrückt herum.

Bella bemerkt das: sie ist eine sehr liebevolle und sehr kluge Kuh. Am liebsten ist sie zu der jungen Magd Franzi,einer hübschen
Frau mit blonden Zöpfen, einem rosaroten Kussmund und einem tiefausgeschnittenen Dirndlkleid,dessen "Inhalt" ihrem Liebsten,
dem Knecht Rudi,besonders gut gefällt!

Franzi geht mit den Kühen und allen anderen Tieren sehr liebevoll um, sie ist beim Melken,wenn sie eine Zitze und noch eine in
die Hände nimmt,behutsam,sanft, fast zärtlich - und darum freut sich auch jede Kuh,von Franzi einen Kuss aufs Maul zu bekommen
- und sie umgekehrt mit einer riesigen rauhen Rinderzunge(das ist was,das man auch essen kann und das manche gern essen!)lieb
abzuschlecken!°

"Was ist mit dir,Mausi?"fragt Bella sanft. Mausi druckst und druckst: Und dann erzählt sie,was sie im Regal des Supermarkts gesehen
hat - dort,wo das Futter für Hunde und Katzen liegt.

Könnt ihr euch vorstellen,dass eine Kuh ihre Lefzen einzieht,so wie wir manchmal unsre Lippen einziehen? Und unsre Lippen sind
auch dann,wenn sie "voll" und dick sind,nicht entfernt mit den riesigen Lefzen von Kühen zu vergleichen!

Und genau das tut jetzt Bella! Ihre riesengrossen Lefzen verschwinden richtig in ihrem Maul - das sie dann ganz fest zusammendrückt:
eine Kuh,die auf einmal in ihrem Kuhgesicht einen "Strich" hat!

Denn Mausi hat,sehr leise und sehr verschreckt,erzählt,was sie im Regal gesehen hat - alles für den Liebling daheim,für Hund und Katz,
für Bello und Strolchi und Rolfi und Minka usw. Im Supermarkt gibt`s für Hund und Katz - Rinderpansen, Schweineohren - und Rinderlefzen!

Eine andere grosse stattliche Milchkuh,Milka,Bellas beste Freundin,kommt langsam heran - und schleckt mit ihrer grossen Rinderzunge
ganz sanft über den "Strich" in Bellas Kuhgesicht - bis die Lefzen wieder "zum Vorschein kommen". Und über die grossen Lefzen/Kuhlippen
von Bella fährt Milka dann sehr sanft und sehr liebevoll:

"Wir sind Milchkühe! Niemand wird einen Körperteil von uns essen,kein Mensch und kein Tier,auch nicht der "Liebling" daheim!
Aber..."

"Aber was?"fragt Mausi leise und schüchtern.

"Naja,niemand isst unsere Rinderzungen,unsern Rinderpansen,unsere Lefzen - aber dafür bekommen WIR, nicht wie die drei vorhin,
die schon mal mit Stieren und Ochsen zusammenwaren, regelmässig und immer wieder und wieder das,was bei den Stieren,aus ihren
"Organen",halt rauskommt - STIERE sehen WIR nie, ausser wenn unsre Kinder Stierkälber sind.

Wir werden "künstlich befruchtet" - ständig,denn "nur" so können wir soviel Milch "erzeugen",wie der Bauer das will!
Normalerweise sollten unsre Kälber,unsre Kinder,unsre Milch bekommen!

Aber die Kälber,unsere geliebten Kinder,werden uns weggenommen! Damit die und der leckeres Kalbfleisch und Kalbsschnitzel essen
kann - vielleicht mit einem Glas Milch dazu oder danach - oder Kaffee mit der Milch drin!"

Die arme Bella sieht immer bedrückter drein! Ihr sind schon sehr viele ihrer Kinder weggenommen worden. Sie hat sehr viele
Kälber zur Welt gebracht. ALLE wurden ihr weggenommen!

Bella ist die beste Milchkuh des Hofs,von keiner Kuh kommt soviel Milch wie von ihr!
Der liebevolle Kuss von Milka,ihrer Freundin,mit der riesigen rauhen Rinderzunge auf den grossen Rinderlefzen von Bella,
kann sie nur kurz trösten. Der Kuss,den ihr das Mäuschen mit seinem kleinen Mäulchen gibt,ist süss und lieb,aber...

Und obendrein wird Bella sicher jetzt den ganzen Tag an die für Hunde,für"den Liebling daheim",bestimmten Rinderlefzen im Supermarkt
denken. Vor allem,wenn sie ihren Kopf senkt(den senkt sie,weil sie traurig und unglücklich ist,jetzt sowieso)_und mit ihren Rinderlefzen
eine ordentliche Portion Gras frisst! Aber "auch" der Hunger ist ihr ziemlich vergangen!

Der armen Bella!
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