Fridolins Vermächtnis

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Helga
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Fridolins Vermächtnis

Beitrag von Helga »

Seit vier Wochen wohnt die fünfjährige Sabine mit ihren Eltern in einem wunderschönen Haus am Stadtrand mit einem kleinen Garten, in dem Bine schön spielen könnte.
Allein macht es ihr jedoch überhaupt keinen Spaß.
Tagsüber langweilt sie sich schrecklich, weil sie einfach nicht weiß, was sie tun soll. Freundinnen, mit denen sie spielen könnte, hat sie in der neuen Umgebung noch nicht gefunden.

„Hier wohnen nur Erwachsene! Kinder gibt es hier überhaupt nicht – nur blöde Erwachsene!“ beschwert sie sich bei ihrer Mutter.
„Nun übertreib mal nicht, Binchen! Da ist doch der siebenjährige Dennis von nebenan. Warum spielst du eigentlich nicht mit ihm?“
"Mit dem? Der ist mir viel zu langweilig!"

Aber das sagt sie nur so dahin. Sie hätte schon gern mit ihm gespielt.
Sabine weiß zu genau – für Dennis ist sie nur ein kleines dummes Mädchen, mit dem ein großer Junge wie er absolut nichts anfängt. Sie glaubt es zumindest. Wenn sie ihn auf der Straße sieht, schaut er immer an ihr vorbei und sagt kein Wort.

Und sie – Sabine?
Nun gut, sie traut sich ja auch nicht so richtig, ihn anzusprechen.

„Dennis? N i e m a l s !“ Sabine presst die Lippen zusammen und schüttelt energisch den Kopf.

Doch dann hilft der Winter nach. Über Nacht schneit es mächtig.

Am nächsten Morgen stürmt Sabine begeistert in den Garten. Mit leuchtenden Augen betrachtet sie fasziniert die weiße Pracht.
„Mami, Mami, bauen wir einen Schneemann? Ja? Bitte, bitte, Mami!“

Frau Kramer zögert einen Moment. Aber ihrem Binchen kann sie diesen Wunsch einfach nicht abschlagen.
Sabine ist mit großem Eifer bei der Sache. Und schon bald haben Mutter und Tochter das Werk vollbracht. Mitten im Garten steht ein kleiner dicker Schneemann mit kohlschwarzen Augen und einer Mohrrübe als Nase.
Frau Kramer knickt einen kleinen Zweig von einem Strauch ab und gibt ihn dem Schneemann in die Schneemannhand.
Sabine jauchzt laut vor Freude.
„Mami, das ist jetzt mein Freund! Ich nenne ihn Fridolin!“
„Fridolin ist ein schöner Name“, tönt es vom Zaun her.
Bine dreht sich überrascht um und blickt Dennis mit offenem Mund an.
„Darf ich rüber kommen und mir Fridolin einmal aus der Nähe ansehen? Ich glaube, meine Mutter hat noch einen alten Hut von meinem Opa für Fridolin, den könnte ich mitbringen, damit er auf dem Kopf nicht friert!“
Sabine runzelt die Stirn und sieht ihre Mutter, die ihr lächelnd zunickt, fragend an.
„Hm, ich weiß nicht. Ich glaube, Fridolin ist es nicht zu kalt.“
„Doch! Bestimmt! Dem ist sogar eisig! Der freut sich sicher über meinen Hut!“

Frau Kramer geht amüsiert ins Haus.

„Ich werde ihn fragen, dann sage ich dir Bescheid, Dennis!“
„Na gut, frag ihn.“

Sabine schaut den Schneemann an und beugt sich zu ihm herüber, so dass es so aussieht, als ob sie mit ihm sprechen würde.
Nach einer kurzen Weile dreht sie sich mit ernstem Gesicht wieder zu Dennis um, der erwartungsvoll am Zaun steht.
„Na ja, Fridolin ist einverstanden. Wenn ihm der Hut gefällt, will er ihn vielleicht aufsetzen.“
„Siehst du! Ich hole ihn sofort. Bin gleich wieder da!“
Sabine strahlt.
Wenige Minuten später stehen Dennis und Bine gemeinsam vor Fridolin und setzen ihm den Schlapphut auf, der ihm gut passt und ihm zudem ausgezeichnet steht.

Die beiden haben viel Spaß miteinander und mit Fridolin. Von diesem Tag an sind sie unzertrennlich.

© Helga Salfer
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Stiekel
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Re: Fridolins Vermächtnis

Beitrag von Stiekel »

Liebe Helga,

das ist eine schöne Geschichte.
Ein Schneemann als Freundschaftsstifter, finde ich gut.

Gruß Sabine
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Nur wer sich selber liebt ist fähig,
auch andere zu lieben.
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Helga
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Re: Fridolins Vermächtnis

Beitrag von Helga »

Danke Dir, liebe Sabine.

Ich freu mich, dass Dir die Geschichte gefällt, auch wenn sie gerade noch nicht so in die Jahreszeit passt :)

Einen schönen Abend und ein Wochenende mit hoffentlich nicht zu viel Regen wünsche ich Dir,

Helga
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