Unzertrennlich

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Stiekel
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Unzertrennlich

Beitrag von Stiekel »

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Sie war da, schon immer und zu jeder Zeit. Wir haben gestritten, debattiert, uns vertragen, gelacht und alles gemeinsam gemacht. Manchmal versuchte sie, mir einen Jungen auszureden, in den ich mich unsterblich verliebt hatte. „Bienchen, der ist nichts für dich, der hat nichts auf der hohen Kante. Du musst an die Zukunft denken, wie soll der für dich und deine sieben Kinder aufkommen?“ Ich protestierte: „Was fällt dir ein, sieben Kinder! Ich will mindestens zwölf! Im Dutzend gibt’s alles billiger.“ Zwölf Kinder erschien mir zu damaliger Zeit sehr erstrebenswert. Hach, wenn die Kleinen mir ihre Mäulchen entgegen strecken würden um süße Küsse abzuholen, das wäre das Größte für mich. Ich liebte Kinder über alles. „Ein Grund mehr, darauf zu achten, dat der Kerl ordentlich Kohle hat, sach ich dir.“, erwiderte sie. Vielleicht wollte das Frauenzimmer mir den Burschen ja auch nur ausreden, weil sie selbst ein Auge auf ihn geworfen hatte.

Auch in meine Kleiderfragen mischte sie sich immer ein. Dann durchwühlte sie meinen Kleiderschrank und brachte alles in Unordnung. Wenn es nach ihr ginge, würde ich wie ein Hippie herumlaufen, mit´ner Haschisch verseuchten Birne und bunten Flatterklamotten. Ich war ihr zu bieder und zu lieb. Trotzdem klebte sie an mir wie eine Klette. Keinen Schritt konnte ich ohne sie machen, nicht mal zum Klo. Da analysierte sie dann meinen Stuhlgang und gab mir Ernährungstipps.

Mama meinte, ich solle nicht immer mit mir selber reden, das wäre dumm. Habe mich gar nicht darum geschert und Rieke tippte sich an die Stirn und sagte: „Mach dir nichts draus, die ist nicht ganz dicht.“, und dann machte sie ihr Dumpfbackengesicht. Wir prusteten los und hielten uns den Bauch vor Lachen, was Mama dazu bewegte, verständnislos die Augen zu verdrehen.

© Sabine Brauer
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Nur wer sich selber liebt ist fähig,
auch andere zu lieben.
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