-heimwärts-

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mariposa
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-heimwärts-

Beitrag von mariposa »

An einem herrlichen Mittwochnachmittag packte ich meinen Rucksack, warf mit meine Jacke über die Schulter und verließ mit einem Lächeln das kühle Schulgebäude. Als ich durch das große Eingangstor ins Freie trat, strahlte mir die Sonne entgegen. Ich knipste meinen mp3-player an und ging im Rhythmus der Musik den breiten grauen Gehweg entlang. Am etwas dunklerem Bordstein stoppte ich abrupt und ließ drei schwarze Kleinwagen vorüber fahren. Dann setzt ich meinen Weg fort. Am Wegesrad wuchsen kleine, schüchterne Gänseblümchen zwischen den kühlen Steinen hervor. Von links drang ein zirpendes Geräusch zu mir herüber. Die große, gelbe Bahn fuhr in Richtung Haltestelle. Blitzschnell flitzte ich auf den fast leeren Bahnsteig. Das gelbe Gefährt hielt mit einem kurzem Ruck an und öffnete ziemlich unelegant die Türen. Herausstolperten zwei, etwa zehnjährige Schuljungen, die Aussahen als seien sie einem 50er-Jahre-Lausbubenfilm entlaufen. Hinterher hinkte eine ältere Dame, deren Rollator beim fahren nicht weniger quietsche als die Bahn, in welche ich einstieg.
Ich setze mich ins letzte Abteil, direkt an ein Fenster und ließ mich von den gold-glitzernden Strahlen der Sonne wärmen.
Bis zur nächsten Station war es nur ein kurzer Weg. Es stiegen einige Mütter mit ihren Kindern ein, die die Bahn sofort in eine Lebhafte Spielwiese verwandelten. Die Türen klappten mit einem undefinierbarem Geräusch wieder zu und wir fuhren nun an einer Baustelle vorbei. Das dumpfe Brummen des Presslufthammers summte leise. Einige Bauarbeiter unterbrachen ihre Beschäftigung um die Bahn mit einem freundlichem Lächeln vorüber ziehen zu lassen.
Am nächsten Halt stieg ein Großteil der Passagiere aus. Einige warfen aber zuvor noch einmal einen mürrischen Blick zu den lärmenden Kindern oder sahen vorwurfsvoll zu den, ihrer Meinung nach, unfähigen Müttern hinüber, während sie ausstiegen. Zwei Mädchen, im Teenageralter, unterhielten sich lautstark über die nächsten Wochencharts. Die Türen schlossen erneut und die Stimmen der Mädchen verhallten, als die Bahn ihren Weg fortsetzte.
Wir glitten in einen dunklen, kühlen Tunnel, die wärmende Sonne verschwand. Nur noch das düstere Oberlicht erhellte ein wenig den Innenraum der Bahn. Es wurde schlagartig kälter. Ich streifte mir meine Jacke über und drehte die Musik lauter. Ich schloss die Augen und wippte mit dem Fuss zu den Basstönen. Meine Gedanken trugen mich hinaus aus der kühlen Bahn. Ich blinzelte die strahlende Sonne und flog weiter hinauf in den weiten, blauen Himmel. Schwebte über makellos, weiße, schneebedeckte Gipfel und tiefe schwarze Schluchten. Immer weiter umgeben von klarer Luft gen Süden. Als ich sacht auf weichem, feinem, warmen fast weisem Sand aufsetze, sah ich das endlos weite azurblaue Meer, welches mit einer leicht schäumenden Brandung sacht an den Strand plätscherte. Der leichte Wind wehte mir die nach Meersalz duftende Luft um die Nase. Ich ließ mich nach Hinten fallen und sah das strahlende grün einer sich im Wind wiegenden Palme, in Kombination mit dem dunkelbraunen holzigen Stamm.
So verharrte ich eine Weile in meinen Sommerlichen Gedanken, bis mich zwei kläffende Hunde wieder in die weniger schöne Realität einer alltäglichen Bahnfahrt zurück katapultierten.
Wir warem am Hauptbahnhof angelangt. Fast alle Fahrgäste tauschten ihre Plätze mit den Wartenden am Bahngleis. Eine bunte Vielfalt von Menschen in aller Größe, Breite und Farbe verließ den Bahnsteig über eine der Rolltreppen, es waren so viele, dass die grauen Eisenstufen nicht mehr zu erkennen waren.
Mit einem Quietschen fuhr die Bahn endlich weiter. Inzwischen saßen mir eine Mann und eine Frau gegenüber: Ich musterte die beiden kurz. Dann ließen meine Blicke von ihnen ab und ich wandte mich zum Fenster. Dabei bemerkte ich das die Düsternis dem Sonnenlicht entschwand und das große Gefährt mit all seinen Insassen wieder dem Tageslicht entgegen steuerte.
Daraufhin folgten wir dem Straßenverlauf. Die Autos neben uns standen - wie so oft - im Stau. Manche Fahrer machten ein wütendes Gesicht, die Aggression die sich - wahrscheinlich aufgrund des Staus - bei etlichen Fahrern angestaut hatte wurde kurzerhand durch unkontrolliertes Hupen, sowie heraus stammeln sinnfreier, häßlicher Wörter abgebaut.
Die grelle Sonne brachte die die dunklen Straßen in der Ferne zum glitzern, es hatte wohl kürzlich geregnet. Die Bahn kam endlich an meiner Haltestelle an. Ich stieg freudestrahlend aus und atmete einmal tief die frische Frühlingsluft ein. Sie schmeckte noch nach Regen. Mit einem flüchtigem Blick sah ich zum Himmel hinauf und erblickte noch einen Teil der dunkelgrauen Regenwolken die nach Osten hin abzogen. Ich lief mit zügigem Schritt über die noch nasse Straße und den kleinen Hügel hinauf, der zu dem rotleuchteten Haus führte, in welchem ich lebe.
~ wahre Schönheit liegt in einem schlafenden Gesicht ~
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HansPeter
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Re: -heimwärts-

Beitrag von HansPeter »

Eine kleine, wunderbare Geschichte, die mich von anbeginn in ihren Bann zog. Gut geschrieben liebe mariposa.

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-heimwärts-

Herzlichst

Hans-Peter
Zuletzt geändert von HansPeter am Mittwoch 18. August 2010, 16:50, insgesamt 1-mal geändert.
Ich schätze es wenn meine Mitmenschen glücklich sind.
Das macht wiederum auch mich glücklich.

© Hans-Peter Zürcher
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mariposa
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Re: -heimwärts-

Beitrag von mariposa »

danke :)
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