DAS BIDET

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heuberger
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DAS BIDET

Beitrag von heuberger »

EIN BEITRAG ZUR EMANZIPATION ( DER MÄNNER )
Morgenpause bei der Firma Schlösser, Stanzwerk, in Mengen. Es war gerade neun Uhr. Teile der Belegschaft hatten es sich im Hof der Fabrik gemütlich gemacht. Die Sonne schien, so dass man sich im Freien aufhalten konnte. Wenn man genauer hinsah, konnte man feststellen, dass einigen der Arbeiter und Arbeiterinnen ganze Finger fehlten, oder Teile davon. Sie waren durch Unachtsamkeit bei der Arbeit den scharfen Stanzmessern zum Opfer gefallen.
Auf der Treppe zum Materiallager saßen einige Frauen, von denen einige sich unterhielten, andere wiederum verzehrten ihre mitgebrachten Vesperbrote. Eine unter ihnen, Alma B. , hatte sich etwas zurückgezogen und las in der NEUEN REVUE, wer und was gerade en vogue war. Da verkündete sie laut mit Sehnsucht in der Stimme: „Dia Soraya, dia Lollo ond dia Sophia Loren, des send oifach tolle Weiber, ällaweil schee, ällaweil elegant…“ (= Die Soraya, die Lollo und die Sophia Loren, das sind einfach tolle Frauen, immer schön, immer elegant …) und nach einer Weile: „Ond wa ischd mit eis“? (= Und was ist mit uns?)
Da fiel Frau Reuter ein: „Koi Wonder, dia messat au it jeda Dag zum Schlesser, geh schtanza“ (= Kein Wunder, die brauchen auch nicht jeden Tag zur Stanzerei Schlösser zu gehen, um dort zu arbeiten.) Sie war bekannt für ihren trockenen Humor.
Bevor noch irgendjemand darauf antworten konnte, schrillte die Glocke, das Signal für das Ende der Pause.

Alma freute sich. Es war Samstagmorgen. Heute würde nur bis 12:00 Uhr mittags gearbeitet. Dann hieß es schnell nach Hause, eine Kleinigkeit essen, und dann warten, bis sie abgeholt würde. Sie hatte mit ihrer Freundin, Hertha, ausgemacht, dass man übers Wochenende nach Straßburg führe, dort das Nachtleben „erkundigte“, und dann am folgenden Sonntag, nachmittags wieder nach Hause führe. Herthas Bruder, Walter, würde auch mitkommen. Er hatte ein Auto, einen VW Käfer.

Sie war gerade erst eine halbe Stunde zuhause, da standen bereits ihre Freunde vor der Tür. Ihre Reisetasche hatte sie bereits am Vortag gepackt. Jetzt hieß es nur noch, diese in den Kofferraum einzuladen, und ab ging es ins Wochenende. Die Freunde waren vor langer Zeit aus Norddeutschland kommend zugezogen. Hertha und Walter verstanden zwar schwäbisch, sprachen es aber selber nicht aktiv. Daher traute sich auch Alma nicht, Dialekt zu sprechen, wenn die beiden zugegen waren. Ihr Schriftdeutsch war gut - bis auf die Aussprache. Es klang dann ähnlich wie eine Ansprache des Ministerpräsidenten Kretschmann: „ Meine Damen ond Härren, heite darf ich hier die Landesausschtellong ereffnen. Dazu begrieße ich Sie älle mitanander….“. Korrektes Deutsch, mit einem Hauch von Exotik.

Als sie dann am frühen Abend in Straßburg ankamen, hatten sie das Glück, noch eine Pension zu finden, in der drei Einzelzimmer frei waren. Und das zu einem akzeptablen Preis. Als man die Zimmer bezogen und sich ein wenig frisch gemacht hatte, traf man sich im Restaurant neben der Pension, um das Abendessen einzunehmen.
Alma war hingerissen von ihrem Zimmer: „Stellt Euch vor,“ schwärmte sie, „Bei mir, neben dem Zimmer, gibt es im Bad auch noch extra ein Bidet. EINFACH WUNDERBAR! DA FÜHLT MAN SICH ERST SO RICHTIG WOHL ALS FRAU!“ „Das ist in Frankreich so üblich.“, versuchte Hertha, die Begeisterung ihrer Freundin noch etwas zu bremsen; wusste sie doch, dass ihr Bruder mitunter ein arger Spaßvogel war, der es gerne bis an die Grenze trieb. Alma war eine gutaussehende Frau. Leider war ihr Intellekt nicht so gesegnet wie ihre Schönheit. Da konnte sie leicht ein Opfer von Walters Späßen werden. Aber sie war bereits voll in Fahrt. „Also, ich fühle mich immer erst dann so rundum wohl, wenn ich ein Bidet benützen kann. Jede Frau sollte eines haben!“ Alma konnte unerbittlich stur sein, wenn sie einen Zusammenhang als Wahrheit erkannt hatte. Dann verkündete sie es auch.
Hertha verdrehte mit leichter Verzweiflung die Augen. Walter stutzte, und war gerne bereit, den ihm zugeworfenen Ball auch aufzufangen. „Und was ist mit uns Männern?“ fragte er, „dürfen wir denn kein Bidet benützen?“ „Männer und ein Bidet? - hahaha, wozu denn?“ Alma war voll auf Konfrontationskurs.

Am Nebentisch saß eine Familie mit zwei Kindern. Die schienen alle kein Deutsch zu verstehen, denn sie reagierten überhaupt nicht auf Almas kühne Behauptungen und auch nicht auf Walters Antworten. Sie glaubten, Alma und Walter seien ein zerstrittenes Ehepaar, das sich selbst in der Öffentlichkeit nicht zurückhalten konnte, und dass die Deutschen sich im Ausland halt gerne gehen ließen, und das auch noch recht laut. Sie wiesen ihre Kinder an, nicht so neugierig hinzuschauen. Ach, die lieben Franzosen!

Es entspann sich der folgende Dialog, der leidenschaftlich geführt wurde
Walter: „Bei mir hier, neben der Dusche und neben dem Waschbecken ist auch eins, weshalb soll das nur für Frauen sein?“ Alma: „Das ist halt ein spezielles Waschbecken - nur für Frauen!“ Allmählich fand Walter Gefallen an dem Spiel. KOMMST DU MIR DUMM, KOMM ICH DIR NOCH VIEL DÜMMER, sagte er zu sich selbst.
„Ich dachte zuerst, es sei ein Waschbecken für Kinder, weil es so niedrig ist.“
Alma kicherte: „Hat man so was schon mal gehört:“
„Hast Recht, ich hab mich auch schon gewundert, dass da kein Spiegel angebracht ist.“
Hertha entfuhr ein halbunterdrückter Lacher. Sie gab sich unbeteiligt und wollte den Eindruck erwecken, sie gehörte nicht dazu. Jetzt wollte Walter das Spiel auf seinen Höhepunkt treiben: „Dann erklär mir doch endlich mal, klipp und klar, wie man solch ein Bidet richtig benützt.! UND ZWAR SPEZIFISCH WEIBLICH!“
Da wurde Alma rot und stotterte. Aber Walter kannte jetzt keine Gnade mehr. Er bestand auf einer exakten Auskunft - bis in alle Einzelheiten.
Alma gehorchte. Als sie ihn schließlich ausführlichst aufgeklärt hatte, meinte er nur so obenhin: „Ich hab es als Waschbecken benutzt.“ - Das saß.

Und dann holte er zum finalen k.o. Schlag aus: „JETZT VERSTEH ICH ENDLICH, WARUM ICH MICH DA SO TIEF BÜCKEN MUSSTE, UM DIE ZÄHNE ZU PUTZEN.“ - Das gab ihr den Rest. Hertha stand schnell auf und wankte glucksend in Richtung Toilette.

Bis zur Heimfahrt blieb Alma merkwürdig ruhig und in sich gekehrt. Das war richtig wohltuend.

Es heißt, gute und böse Taten würden doppelt und dreifach vergolten.
DUMME AUSSPRÜCHE AUF JEDEN FALL AUCH!

Und der Volksmund meint dazu:
WIE MAN SICH BETTET, SO TÖNT ES HERAUS.
:)
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