Der raffinierte Kater

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Helga
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Der raffinierte Kater

Beitrag von Helga »

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An einem lauen Sommerabend sitzen unsere Nachbarn friedlich vereint auf ihrer Terrasse und lassen sich ihr Abendessen schmecken.
Würziger Bratenduft erfüllt die Luft, der nicht nur bei Zweibeinern recht Appetit anregend wirkt, sondern auch bei kleinen Stubentigern.
Gemeint ist der kleine freche Kater Max.
Da er erst in den späten Abendstunden das Haus verlässt, um seinen nächtlichen Kontrollgang durchs Revier zu machen, liegt er um halb sieben noch schläfrig auf dem Rasen im Garten seines Menschen. Die krokodilgrünen Augen sind fest geschlossen.
Das ändert sich jedoch schlagartig, als der Essensgeruch den immer hungrigen Kater erreicht.
Er öffnet seine krokodilgrünen Augen, hebt den Kopf und schnuppert in Richtung Futterstelle.
Sein Mensch kennt den Schlawiner genau und weiß aus persönlicher Erfahrung, was so für Gedanken in dem kleinen Pelzhäuptchen vorgehen.
Max! ertönt auch schon gleich eine warnende Stimme.
Der Kater schaut seinen Menschen verstohlen von unten her an.
Was willst du? scheint er zu denken. Lass mich doch, ich mach doch noch gar nichts! Noch nicht, aber vielleicht gleich, wenn du dich wieder anderen Dingen zuwendest!
Mäxchen mimt auf Langeweile, um seinen Menschen abzulenken. Er gähnt ausgiebig, streckt seine Vorderpfoten und macht einen dicken Katzenbuckel. Für einen Moment sitzt er unschlüssig auf dem Rasen und putzt sich den Schlaf aus dem Fell. Zwischendurch hebt er den Kopf und genießt den unheimlich verführerischen Geruch aus Nachbarsgarten.
Ich muss unbedingt da drüben hin, ich könnte es mir nie verzeihen, nicht wenigstens den Versuch gemacht zu haben, wenigstens einen kleinen Happen zu erwischen.
Langsam, um nur ja kein Aufsehen bei seinem Menschen zu erregen, schleicht er gemächlich entlang der dichten Sträucher, macht einen Sprung und ist im Dickicht der Blätter den Blicken seiner Herrschaften entronnen.
Nun kann es los gehen!
Geräuschlos überspringt er den kleinen Gartenzaun zum Nachbargrundstück hin und schleicht sich vorsichtig an.
Er hört das Klappern von Messer und Gabeln und das Scharren auf den sich leerenden Tellern. Geräusche, die seine sehr sensiblen Ohren eher stören als anregen.
Je näher Mäxchen kommt, desto intensiver steigt ihm der Duft in die Nase. Sein Fresstrieb, der ja nie Pause macht, bringt ihn fast um den Katzenverstand.
Am liebsten würde er einfach auf den Tisch springen, und sich holen, was ihm gefällt und vor allen Dingen schmeckt.
Aber Mäxchen ist nicht dumm!
Zu oft schon hat sein Nachbar Erdklumpen nach ihm geworfen oder den Gartenschlauch auf ihn gerichtet, um ihn in die Flucht zu schlagen.
Lauernd liegt er im Schutz der Sträucher und wartet auf eine günstige Gelegenheit, die dann auch tatsächlich, wie für den Kater gemacht, kommt.
Das Telefon im Haus läutet.
Ach, das ist Heinz, der wollte wegen dem Skatabend anrufen. Ich gehe eben kurz rein.
Herr Kramer, ein kräftiger Mann, erhebt sich schwerfällig aus seinem Stuhl.
Das Essen war wieder zu gut, Lena. Mein Bauch!
Ja, ist ja gut! Nun geh schon ans Telefon, ich hole dann schon mal den Nachtisch!
Beide verlassen die Terrasse und gehen ins Haus, nichts Böses ahnend. Keiner der beiden denkt an das Katerchen, dem ja immer der Magen knurrt.
Jetzt oder nie! Das ist meine Chance!
Mit einem Satz kommt Mäxchen aus der Deckung, setzt zum Sprung auf den Tisch an und zieht dabei die Tischdecke herunter. Klirrend fallen Teller und Schüsseln zu Boden.
Üppige Bratenreste liegen direkt vor Mäxchen Pfoten.
Blitzschnell schnappt er sich ein paar dicke Brocken und verzieht sich mit vollem Maul in den hinteren Teil des Gartens, wo ihn keiner sieht.
Hastig verschlingt er die Köstlichkeiten und begibt sich eilends wieder in den sicheren Schutz seines Gartens.
Im Hintergrund hört er lautes Geschrei von den Nachbarn, die wohl zu ahnen scheinen, dass nur Max der Übeltäter gewesen sein konnte.
Aber was stört es einen Kater, wenn der Mensch Dampf ablässt.
Zufrieden mit sich und seiner Beute leckt er sich die Pfoten und macht sich so langsam für seinen nächtlichen Rundgang durchs Revier bereit.

© Helga Salfer
Auch aus Steinen, die in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.
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