Generationen

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gerhard
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Registriert: Mittwoch 15. Januar 2020, 10:48
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Generationen

Beitrag von gerhard »

Ein gutaussehender Mann,sehr an Zeitgeschichte interessiert,sich sehr für Menschenrechte einsetzend,
geht durch eine Ausstellung zum Ende des Zweiten Weltkrieges.
Die sehr aparte Frau,die durch die Ausstellung führt,hat es ihm angetan:Sie könnte,findet er,eine Polin oder Russin sein,einen „slawischen Einschlag“ hat sie auf jeden Fall!
Dann weist er sich in Gedanken selbst zurecht:“Was hast du für Auffassungen in dir? Wann sieht jemand“slawisch“aus,was ist ein
„slawisches Aussehen“?“

Ein ziemlich verblichenes Foto fällt ihm auf:es zeigt ein ungewöhnlich hübsches Mädchen.



„Das war meine Urgroßmutter! Sie war Magd auf einem Bauernhof und verliebte sich in einen polnischen „Fremdarbeiter“- er wurde vor ihren Augen erschossen,sie verprügelt und mit einem Schild um den Hals durchs Dorf getrieben!
Aber sie wurde „auch“ in einem GESTAPO-Keller vergewaltigt!
Meine Großmutter hatte als Eltern sie und den jungen Polen,ihr Halbbruder stammt von meiner Urgroßmutter - und einem Nazi,der sie vergewaltigt hat!

Meine Uroma nahm sich einige Jahre nach Kriegsende das Leben.
Meine Oma hatte das Glück,einen liebevollen Mann zu finden - der als „Bibelforscher“(Zeuge Jehovas) den Wehrdienst verweigert hatte - und im KZ gewesen war! Ihr Halbbruder ging auch eine glückliche Ehe ein:mit einer polnischen Jüdin!

Meine Oma und ihr Mann bekamen einen Sohn, ihr Halbbruder und seine Frau eine Tochter.

Die beiden haben geheiratet:Und sie bekamen eine Tochter -mich!“

Jetzt ist der Mann zugleich verblüfft - und betroffen!
Eine Weile sagt er kein Wort - und sieht SEHR nachdenklich aus!

Bis er dann den Mut hat,der aparten Frau zu sagen:“Ich habe mich immer sehr für Zeitgeschichte interessiert!
Aber bisher waren das TV-Sendungen,Dokumentationen,Bücher,höchstens einzelne Begegnungen mit „Zeitzeugen“!
Aber nun die Begegnung mit Ihnen - und Ihrer Familiengeschichte!

Da sind sicher noch mehr Facetten darin:Warum ihr Großvater den Wehrdienst verweigerte, oder auch ganz bestimmt vieles aus dem Schicksal der polnisch-jüdischen Frau - und wie es wohl deren Familie ergangen ist!

Durch Ihre Familiengeschichte wird soviel von dem,was mich interessiert,auf einmal „lebendig“! Darf ich,äh,Sie mal zum Essen einladen?“
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