KUNST IST SCHROTT

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heuberger
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KUNST IST SCHROTT

Beitrag von heuberger »

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AUF UMWEGEN ZUM ZIEL

Es war Sonntag nach Ostern, Weißer Sonntag. Zur Finissage einer siebenwöchigen Ausstellung in der „Galerie Tabak“ im Bürgerhaus in Renquishausen waren etwa neun Gäste erschienen.
Die beiden ausstellenden Künstler, Käthe Rominger-Schneider und Walter Zepf, berichteten über ihre Arbeitsweise, und über die Möglichkeiten, durch Kunst die Welt neu und anders wahrzunehmen.

Ich will mich hier auf einen der beiden Künstler, Walter Zepf, beschränken, denn er berichtete eine, im besten Sinn „merk-würdige“ Geschichte, wie er, ein gelernter Chirurgiemechaniker, unfreiwillig zur Kunst kam, ähnlich der Jungfrau zum Kinde. Er wusste zunächst auch nicht so richtig, wie ihm da geschah. Sein Vater hatte auf einer, an den Garten angrenzenden Wiese, einen Fischteich angelegt. Allerdings hatte er dort auch ungewollt „stille Teilhaber“, nämlich mehrere Fischreiher, die sich gerne aus demselben Teich bedienten. So blieb ihm letztlich nichts anderes übrig, als das Gewässer mit einer Art Drahtgeflecht abzudecken. Dies half.

Als nun der Vater zu sterben kam, ging sein gesamter Besitz auf den Sohn über, darunter auch der besagte Fischteich. Da er nicht mehr benützt wurde, war er etwas eingewachsen nach einigen Jahren. Da störte die ganze Abdeckung denn doch erheblich beim Mähen. So wurde kurzerhand beschlossen, das ganze Drahtgestell zusammen zu rollen, bzw. zu treten, um es dann der Freiwilligen Feuerwehr bei ihrer alljährlichen Schrottsammlung zu übergeben. Das Zusammenpressen bereitete erhebliche Schwierigkeiten, so, dass unser Künstler doch ziemlich in Rage geriet, und sich wünschte, das ganze „G´lump“ doch besser da belassen zu haben, wo es ursprünglich war. Schließlich war es dann aber doch unter Ächzen, Stöhnen und Schimpfen gelungen, das ganze Gebilde in eine handliche Form zu pressen. Aber jetzt tat sich ein neues Problem auf, womöglich noch schwerwiegender, als das vorher gelöste: Zwischen den einzelnen Schichten des zusammengelegten Drahtgebildes hatte sich viel „Unkraut“ verfangen: trockene und grüne Grashalme, Schilf und kleine vertrocknete Zweige. So etwas gibt kein echter Schwabe aus der Hand – „oh´putzt“ ( ungeputzt = ungereinigt ) . Aber, es kam nicht mehr zum Auszupfen oder Ausbrennen!

Denn jetzt griff eine Höhere Macht ein. Mag es Gott selbst gewesen sein, oder das Weltall, oder das Schicksal, oder der Geist der Kunst! Wahrscheinlich war es aber einfach der Kunstverstand des Künstlers selbst, der dafür sorgte, dass er die ganze Angelegenheit plötzlich auch von einer anderen Warte aus sehen und betrachten konnte. Nach mehrmaliger Lautäußerung: „ha no!“ , begleitet von zunächst ungläubigem Kopfschütteln, huschte plötzlich ein Lächeln über sein Gesicht. Er hatte begriffen. Es war eben nicht nur Schrott, sondern viel mehr. Die „Verunreinigungen“ durch Gräser und Holzstücke führten weg von der beschränkten rein materialistisch-funktionalen Betrachtungsweise, hin zu einer Welt voller neuer und unbegrenzter Möglichkeiten. Kunst ist halt auch Befreiung.

Aus überflüssigem Schrott wurde Kunst, oder, gleich biblisch: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Schlussstein geworden“, der das ganze Gebäude zusammenhält. (Ps.118,22 und Matth. 21, 42). Es geht sogar noch eine Nummer bombastischer: So, wie der junge Saul, der spätere König Israels, des nächtens auf die Suche geschickt wurde, weil einige Eselinnen aus der Herde seines Vaters ausgebüxt waren, so wollte unser Künstler das alte Drahtgestell als Schrott hergeben.
Saul fand ein Königreich ( 1. Sam., 9 ).
Unser Künstler fand zur Kunst und dadurch auch zu sich selbst. Er gestaltet aus Draht u.a. gerne durchsichtige Gebilde, die er als Kokons bezeichnet, also Schutz des Lebens, das sich gerade verwandelt. Sozusagen Leben und Dasein, in aller Gefährdung, in „statu nascendi“. Was ist dagegen schon ein schnödes Königreich? Schmückendes Beiwerk - mehr nicht - und auch nicht weniger!


Und noch etwas kann uns aufgehen bei dieser Geschichte: Wie oft wird Kunst unserer Zeit abfällig als Schrott bezeichnet, auch von uns selber. Hier zeigt sich, dass das sogar stimmen kann - wenn auch völlig anders, als ursprünglich gedacht. Hier kann man den Satz auch umkehren: Schrott ist Kunst, oder wird es, zumindest.


Im Sinne dieser Erkenntnis mag die Freiwillige Feuerwehr den damaligen Verlust bei ihrer Sammlung doch bitte gerne verschmerzen!
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Stiekel
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Re: KUNST IST SCHROTT

Beitrag von Stiekel »

Hallo Manfred,

bei manchen Kunstgegenständen frage ich mich auch, ob die bei der Schrottsammlung vergessen wurden.
Für mich ist Kunst, was gefällt und das kann auch ein Bild meines kleinen enkels sein, zum Beispiel.

Lieben Gruß
Sabine
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Nur wer sich selber liebt ist fähig,
auch andere zu lieben.
Lena
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Re: KUNST IST SCHROTT

Beitrag von Lena »

So ist es. Schrott wird zur Kunst und manchmal auch umgekehrt ...
Das höchste Gut ist die Harmonie der Seele mit sich selbst.
Seneca
Trigger
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Re: KUNST IST SCHROTT

Beitrag von Trigger »

so isses. Es ist die Kunst. :)







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