DER EWIGE CHRISTBAUM

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heuberger
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DER EWIGE CHRISTBAUM

Beitrag von heuberger »

ENTSCHLUSSLOSIGKEIT,
UND DAS NICHT NUR ZUR WEIHNACHTSZEIT

Was, muss man sich verwundert fragen,
Erleben wir oft schlimme Plagen,
sei` s Armut, Krankheit, Hunger, Tod,
das alles bringt uns arge Not.

Doch sind`s nicht nur die riesengroßen,
die uns in die Verwirrung stoßen.
Nein, klein`re haben`s auch verbockt,
dass unser ganzes Leben stockt.

Die uns oftmals hart bedrücken
mit des öden Alltags Tücken.
So war`s bei mir auch ehedem:
Der CHRISTBAUM wurde zum Problem:

Am dreiundzwanzigsten Dezember, da wurde er geschmückt,
in meinem „ Zweitwohnzimmer“ mit Zierat wohl bestückt.
Die Weihnacht ging vorüber, so wie in jedem Jahr,
Silvester draußen knallte, es war so wunderbar.

Dreikönigstag war grad verklungen,
dem Morgenstern zur Ehr gesungen.
Jetzt heißt`s, den Christbaum abzuschlagen,
die Reste dann nach draußen tragen,

auf dass er so, wie jedes Jahr,
im Müll dort lande, das ist klar.
Also, geschwind den Schmuck verpackt,
der Baum steht da, entkleidet, nackt.

Und als er dann, nach alter Weise,
nach draußen soll, ertönt ganz leise
aus seiner Kron´ ein Stimmchen fein:
„ Wirf mich nicht raus, lass es doch sein.

Lass mich noch stehen für ein Weilchen,
dann siehst Du viele kleine Teilchen
von mir ganz sanft zu Boden schweben.
Es sei ein Sinnbild für Dein Leben.“

O glaubt`s, ich schwör` drauf, meine Lieben,
`s wär gut, ich wäre hart geblieben.
Die Sache wäre längst geklärt,
hätt` ich doch bloß nicht drauf gehört!

Und Ordnung herrschte dann, wie immer,
und aufgeräumt wär auch das Zimmer.
Ich wäre weiterhin im Frieden,
hätt` inn`re Stimmen ich gemieden.

So blieb er eine Weile stehen,
und Alle, die ihn so gesehen,
die dachten sich wohl, still, ihr Teil,
zum Glück hört` ich es nicht, derweil

die Nadeln blassgrün wurden, und
ganz sacht dann fielen auf den Grund.

Sie fielen ab, die Nadeln all,
die Äste wurden leer und kahl.
Schon holt` ich das Gerät zum Kehren,
den Kehricht in den Ofen leeren,

und musste da erstaunt erkennen:
wie gut die trocknen Dinger brennen.
So kam auf die Idee ich klug:
Verheizt wird er, ich hab genug !

Die Baumscher` macht die Äste stolz
Zu Spächele, zu Feuerholz.
Sie landeten im Ofen dann,
und zündeten dort Feuer an.

Die Schere tat sich dran austoben,
so langsam hoch, von unt` nach oben,
der Baum sich jetzo zeigt, o Qual:
Oben Äste, unten kahl.

So, aufrecht, stand er da noch immer
Am gleichen Platz, im Zweitwohnzimmer.
Was einst ein stolzer Baum gewesen,
das glich jetzt eher einem Besen.

Die Zeit verging, ja, das ist wahr,
`s kam Lichtmess, Zweiter Februar.
Die Sonne langsam höher kroch,
die Kälte, die blieb immer noch.

So hieß es, weiter einzuheizen,
mit Holz und Briketts nicht zu geizen.
Doch, um das Feuer anzufachen,
musst Anzündholz ich wieder machen.

So ward, die Scher` aufs neu gezückt,
dem Christbaum auf den Leib gerückt.
Allmählich ändert der sein Wesen:
Jetzt eher Quirl, und nicht mehr Besen.

Noch immer hatt` ich nicht die Nerven,
den Plunder einfach rauszuwerfen.
So blieb er denn, und stand noch immer,
als Kunstwerk jetzt im Zweitwohnzimmer.

Die Fastnacht kam und ging vorbei
Mit viel Getröte und Geschrei.
Ein wenig älter war das Jahr,
und so verging der Februar.

Allmählich schmolz der Schnee sodann,
der Frühling klopfte zaghaft an,
und immer noch, man glaubt es kaum:
im Zweitwohnzimmer stand der Baum.

Schien dort zu steh´n seit Ewigkeiten
Und wartete auf bessre Zeiten.
Die kamen auch, es war ein Traum:
OSTERN UNTERM WEIHNACHTSBAUM .

Zwar hab ich mich jetzt doch geniert:
Er wirkte ziemlich ramponiert.
So mancher hätt´ mich da verhöhnt,
ich aber hatt´ mich dran gewöhnt.

So ging auch der April vorbei.
Walpurgisnacht, es wurde Mai.
Der Rest vom Baum, der stand noch immer
Auf Posten treu, im Zweitwohnzimmer.

Auch Mai verging, und Juni gar.
Vorüber war ein halbes Jahr.
Noch immer war der Baum nicht fort,
blieb standhaft still am alten Ort.

Des nachts roch es jetzt stark nach Heu.
Dann war der Juni auch vorbei.
`s war Sommer jetzt, und manch Gewitter
Ging über unsrer Gegend nieder.

Der Juli kam, die Sommerszeit.
Es wurde heiß, und weit und breit
sah man die Menschen schnaufen, schwitzen;
und halbnackt nur im Schatten sitzen.

Und als sie in der Hitze ächzten
Und nach des Abends Kühlung lechzten,
da stand bei mir im Zweitwohnzimmer
der dürre Rest vom Baum noch immer.

Der Juli ging, es wurd` August,
längst hätt` der Baum hinausgemusst.
Und da - o Wunder - sei vollbracht !
„Jetzt fliegt er raus, noch heute Nacht !„

Ich freut` mich sehr und dachte: „Fein !„
Dann ging ins Bett ich und schlief ein.
Drei Stunden dann nach Mitternacht
Hat mich der Wecker wach gemacht.

Ich zog mich an, auf Zehenspitzen,
tat ich zum Rest vom Baum hin flitzen.
Das Licht hab ich nicht angemacht.
Sollt` niemand seh`n mich in der Nacht.

So öffnet` ich beim Sternenschimmer
Das Fenster leis´ vom Zweitwohnzimmer.
Lauscht` in die finstre Nacht hinaus,
packt´ dann den Baum - und warf ihn raus.

Aststümpfe an der Mauer scharrten,
dann schlug er plumpsend auf im Garten.
Und nun, nachdem die Tat vollbracht,
das Fenster zu, und gute Nacht !

Am nächsten Morgen traf ich dann
Am Gartenzaun den Nachbarn an.
„Sagt bloß„ , rief er von weitem schon,
mit leichter Ironie im Ton,

„heut Nacht, ganz kurz nach dreie so,
da musst` zum Pieseln ich aufs Klo,
und hört`, jetzt glaub ich an Gespenster,
da fiel etwas aus Eurem Fenster ?„

„Stimmt„ , sprach ich da, „Ihr sollt es wissen:
Den Christbaum hab ich rausgeschmissen.„
Ich seh sein Staunen im Gesicht,
am besten, ich erzähl die G`schicht.

Er fängt zu husten an, vor Lachen:
„ich muss mich schnell nach Hause machen,
bevor ein Unglück noch passiert.
Ade, gehabt Euch wohl, `s pressiert !„

So hüpfte kichernd er von hinnen,
und ich tat lang darüber sinnen,
wie peinlich doch bei manchen Sachen
die Leute einfach herzlos lachen.

Schon war er an des Hauses Stufen,
da schafft´ ich`s , ihm noch nachzurufen:
„Hör ich`s Euch je den andern sagen,
dann geht`s Euch, leider, an den Kragen.“

So stand ich nun allein im Garten,
der Christbaumstumpf schien auch zu warten,
auf das, was mit ihm nun geschah.
Ganz dünn und hilflos lag er da.

Ich sah`s und überlegt` nicht lange.
„Jetzt leb´ er fort als Bohnenstange.„
Und wie ich ihn genau beguck,
weiß ich : vorüber ist der Spuk !

Und seh`s auch ein, hab keine Wahl:
„Sowas passiert mir nicht nochmal.“
Zog einfach weg, und mir kommt nimmer
ein Christbaum je ins Zweitwohnzimmer !!
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Stiekel
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Re: DER EWIGE CHRISTBAUM

Beitrag von Stiekel »

Ach, ist das lustig. Verschluckt habe ich mich beim Lachen nicht,
ich bin noch da, lieber Manfred.

Es grüßt dich mit dickem Schmunzler
Sabine
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Nur wer sich selber liebt ist fähig,
auch andere zu lieben.
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heuberger
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Re: DER EWIGE CHRISTBAUM

Beitrag von heuberger »

Ach ja, liebe Sabine, manchmal erleben wir kleine Mücken aufgebläht zu Elefanten, die unser gesamtes Alltagsleben zu bestimmen drohen.
Liebe Grüße
Manfred
:)
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