Es gehörte meiner verstorbenen Oma. Ich konnte nicht dazu kommen, es zu entsorgen. Es hängen so viele Erinnerungen daran. Lacht nicht, ich habe dieses Bastkörbchen geliebt, oder besser gesagt, wie Sachen, die darin enthalten waren. Als erstes fällt mir Omas Nadelkissen ein. Es war selbstgemacht und mit ungewaschener Schurwolle gefüllt. So fingen die Nadeln nicht zu rosten an, da die Wolle das Wollfett Lanolin enthielt. Wenn ich es mit Stecknadeln bestückte, sah es wie ein Igel aus.
Dann war da die Schere, die wie ein Magnet die Nadel und Stecknadeln anzog. Das war ganz praktisch, wenn diese der Großmutter mal aus der Hand fielen. Dank der Anziehungskraft der Schere waren sie schnell wiedergefunden. Ein besonderer Schatz war die Knopfdose. Darin waren Kostbarkeiten in vielen Formen und Größen enthalten. Uniformknöpfe, Perlmuttknöpfe, welche, die silbern und golden glänzten und so weiter. Ich konnte mich stundenlang damit beschäftigen.
Es gab dort noch einen Fingerhut, Sicherheitsnadeln, Gummilitze und verschiedene Garne zum nähen, stopfen und sticken. Dabei fällt mir mein neumodischer Schlüpfer aus Kunstfaser ein, rosa mit Spitzenborte. Ich fühlte mich damit, wie eine kleine Prinzessin. Mama war krank und Omama übernahm die Wäsche. Sie hat auch alles geplättet mit so einem alten Plätteisen, welches sauschwer war. Wieso sie auf die Idee kam, auch mein Höschen zu bügeln, ist mir heute noch ein Rätsel. So nahm das Unheil seinen Lauf. Das heiße Monstrum wurde gnadenlos auf das zarte Gewebe gesetzt und verschmolz auf der Stelle mit dem Eisen. Zurück blieb ein riesiges Loch in Plätteisenform.
Oma wäre nicht Oma, wenn sie dem Übel nicht zu Leibe gerückt wäre. Sie war ein Genie, was das Stopfen betraf und so kam es, dass ich zukünftig mit einem ausgebesserten Schlüpfer rumlaufen musste, welcher an den Schmelzkannten kratzte. Er sah auch zum Schreien aus. Ade Prinzessinchen, jetzt fühlte ich mich als das Aschenputtel.
Ach ja, Omas Nähkörbchen, es hängen zu viele Erinnerungen dran.
© Sabine Brauer