Mutige Mädchen und Frauen

Bücher, die Ihr gelesen habt;
die Euch gut gefallen haben;
die Ihr anderen Lesern empfehlen möchtet;
Antworten
gerhard
Eifriger Schreiber
Eifriger Schreiber
Beiträge: 552
Registriert: Mittwoch 15. Januar 2020, 10:48
Wohnort: Linz im schönen Oberösterreich

Mutige Mädchen und Frauen

Beitrag von gerhard »

Eine entzückende Szene aus einer ziemlich neuen Verfilmung von "Pünktchen und Anton" von Erich Kästner hat
mich darauf gebracht, wie groß in seinen Büchern der Anteil an selbstbewussten, selbstbestimmten und engagierten
Frauen und Mädchen ist. In "Pünktchen und Anton" ist das ein sehr entschlossenes Mädchen mit einem sehr reichen
Vater und einer Mama, die sich sehr für Theatergehen, Ausgehen und so interessiert und kaum wahrnimmt,was es
in unserer Welt noch sonst gibt.

Anton hat eine alleinerziehende, berufstätige und dazu noch kranke Mama, weshalb er sich einfach an die Straße
setzt und die Vorbeigehenden um Geld bittet, das dann die Mama bekommt.
Flugs setzt sich auch "Pünktchen" zu ihrem Freund, weil es ihr erst durch ihn bewußt wird, daß es außer der Lage
in ihrer Familie auch arme Leute gibt - wozu noch kommt, daß sich Antons Mama viel mehr um ihren Sohn
kümmert, als das die Mutter des Mädchens tut. Und "Pünktchens" Mama ist zwar erschrocken, als sie ihre
Tochter auf der Straße Geldsammeln sieht, aber es geht ihr dadurch ein "Knopf" auf! (In der erwähnten Szene
sitzt Pünktchen in einer U-Bahnstation und singt und tanzt mit Obdachlosen, Müllmännern usw)

Dann gibt`s noch zwei weitere alleinerziehende Mütter, die von Emil in "Emil und die Detektive" und die von
Lotte. Erich Kästner hieß nach seinem Papa mit zweitem Vornamen Emil, und die Mama im Emil-Buch ist sehr
der seinen nachgebildet. Er mußte sich sehr um seine Mutter kümmern, die manchmal so deprimiert war,
daß sie nahe an Selbstmordgedanken war.

Lottes und Luises Mama und Papa haben, als die Mädchen noch klein waren, die Familie "halbiert".
Die Mädels lernen sich im Ferienheim kennen, "entdecken", daß sie Schwestern sind - und tauschen nach
den Ferien die Rollen - wodurch Luise ihre Mama und Lotte den Papa kennenlernt. Und so ist es den Mädels
zu verdanken, daß die kleine Familie wieder vereint wird. (Kästners Lebensgefährtin hieß übrigens Luiselotte
Enderle, also ein bissel so wie die zwei Mädchen)

Und so gibt`s außer "Emil und die Detektive" (incl.der mutigen "Pony Hütchen")sowie "Nachfolgebuch" "Emil
und die 3 Zwillinge" eben "Das Doppelte Lottchen".

Also, Erich Kästner, der ja "auch" Gedichte, Zeitkritisches, Novellen und das Drehbuch zum Film "Münchhausen"
(wo er den alten Casanova sagen läßt: "Die Staatsinquisition hat 1000 Augen und Ohren. Und sie hat die Macht,
Recht und Unrecht zu tun - wie sie will!" Sehr mutig für einen in der NS-ZEIT "verbotenen" Autor (der Film "Münchhausen"
ist aus dem Jahr 1943, und "natürlich"mußte Kästner das Drehbuch unter Pseudonym schreiben), der ja selbst mal
miterlebte, wie Bücher von ihm verbrannt wurden! Nach dem 2.Weltkrieg wurde ein Film gedreht, über dessen
Dreharbeiten der Herr Kästner auch schrieb: Alle SS-Leute in dem Film wurden von "ehemaligen" SS-Angehörigen
dargestellt!) verfaßte, (ach ja, und ein polemisches Stück:"Lang lebe der König")

war also für seine Zeit enorm emanzipiert!!!
Antworten