Die junge Frau Gast taumelt ins Besprechungszimmer der Lehrer des Gymnasiums mehr, als sie gehen kann.
Die blasse, magere Frau hält sich an einem Stuhl fest, weil sie fast hingefallen wäre. Sie hustet und blickt ängstlich
auf den Lehrer: "Herr Professor, Anton hat mir erzählt, daß Sie darüber, daß er in der Schulstunde geschlafen hat,
ärgerlich waren. Bis gestern hab auch ich nicht gewußt, warum er kaum Zeit für seine Hausaufgaben hat und oft
in der Nacht nicht schläft.
Mein Mann ist gestorben, als mein Junge Drei war. Eigentlich sollte ich im Bett liegen, aber ich muß ja in einem Geschäft
arbeiten, und einen Arzt kann ich mir nicht leisten. Wissen Sie, was Anton am Nachmittag und immer öfter auch in
der Nacht tut? Er sitzt am Stadtplatz oder am Bahnhof - und sammelt Geld."
Anton und seine kranke Mama leben in Berlin. Gut, daß er seine Freundin Luise/"Pünktchen" hat!
Die oft neben ihm sitzt und ihm beim Geldsammeln hilft. Ihre sehr reichen Eltern haben keine Ahnung davon.
Das Kindermädchen hat einen Freund, mit dem sie viel mehr Zeit als mit dem ihr eigentlich anvertrauten Mädchen
verbringt. Papa Pogge ist meistens in der Arbeit und auf Geschäftsreisen, und in seiner kargen Freizeit führt er seine
Frau in Konzerte oder ins Theater aus.
Der Lehrer ist überrascht und betroffen. Auch darüber, daß ihm Anton nie was über die Lage seiner Mama erzählt
hat.
Aber nun beschließt er, der armen Frau Gast zu helfen. Gleich nach der Schule geht er in eine Apotheke: Frau Gast
hat ihm aufgeschrieben, was sie braucht.
Am Abend sind Herr und Frau Pogge im Theater. Sie kommen nach der Vorstellung aus dem Theatergebäude,
und wer sitzt da? Ja, es ist Luise/"Pünktchen" - wieder mal Geld sammelnd.
Frau Pogge ist erschrocken. Wozu hat sie ein Kindermädchen? Auch die dicke Köchin, die wohlbeleibte Bertha,
hat keine Ahnung gehabt!
Frau Pogge umklammert ihr Kind - und fängt zu heulen an!
Und dann gehn sie und ihr Mann in die Wohnung von Frau Gast, mit der sie ein langes Gespräch führen.
Und das Kindermädchen fliegt einen Tag später aus ihrem Posten raus!!
Ab nun wissen die Pogges, wie´s ihrer Tochter geht.
Und Frau Gast wird unterstützt, und Herr Pogge bezahlt einen guten Arzt.
Gibt`s im schönen Berlin etwa keine Unterstützung für arme Leute?
Aber nun HAT Frau Gast die Hilfe, die sie braucht, Anton kann wieder ruhig schlafen und hat wieder
genug Zeit für die Schule.
Und der Journalist Erich Kästner, der Essays, Reportagen, Gedichte, Geschichten und Kinderbücher, auch
satirische Dramen, schreibt, erfährt von dem Schicksal der Familien und macht
das Kinderbuch "Pünktchen und Anton" daraus!