Friederich und Gretchen

Geschichten aus dem Leben, Märchen, Fabeln
Antworten
gerhard
Eifriger Schreiber
Eifriger Schreiber
Beiträge: 552
Registriert: Mittwoch 15. Januar 2020, 10:48
Wohnort: Linz im schönen Oberösterreich

Friederich und Gretchen

Beitrag von gerhard »

Wenn wir den "Struwwelpeter" des Arztes und Psychiaters Heinrich Hoffmann kennen oder uns aus unserer Kinderzeit
daran erinnern, dann werden wir wissen, daß er Probleme aufzeigen wollte: "Quäl keine Tiere!", "Sei nicht rücksichtslos!"
und so weiter. Aber vielleicht auch weil das Buch sehr früh (1844) entstand, ist es in manchem grausam und in manchem
in Dingen, die wir heute ablehnen würden:

"Muß" Paulinchen verbrennen und sterben, "weil" das Mädchen (das es übrigens so wie den "Zappel-Philipp" wirklich
gegeben hat) mit Feuer gespielt hat? Warum werden dem Buben, der Daumen gelutscht hat, diese abgeschnitten?
Ist es für die drei Buben, die den kleinen schwarzen Jungen verspottet haben, eine "Strafe", daß der Nikolaus sie
ins große Tintenfaß taucht und sie dann auch schwarz sind?
Ist`s eine "Strafe", eine schwarze, rote, braune, gelbe... Hautfarbe zu haben?
Oder war`s nicht schlimm und schrecklich, wenn die einen unterdrückt, die andern fast ausgerottet, die dritten
in die Sklaverei geführt wurden??

Und wenn der "Zappel-Philipp" beim Essen unartig ist und sich nicht benehmen kann, warum lesen wir dann:
"Und die Mutter blicket stumm auf dem ganzen Tisch herum"?? "Darf" nicht auch sie den Sohn rügen? Oder "hat"
sie zu schweigen, weil sie "nur" die Mama ist??

Warum reißt der "böse Friederich" Fliegen und Schmetterlingen die Flügel aus, warum schlägt er den Hund,
der ihn dann schmerzhaft ins Bein beißt, warum schlägt er seine Schwester mit einer Peitsche?
In einer Verfilmung wird Gretchen von einem hübschen Mädchen dargestellt, und sie verzeiht ihrem Bruder -
der aus heutiger Sicht eine "Entwicklungsstörung" oder sonst ein seelisches Problem haben könnte.

Also lassen wir den Buben mit seiner "Arzenei" nach dem Hundebiß im Bett liegen und sich dann bei seiner
liebevollen Schwester, die ihm Essen und so bringt, entschuldigen und ihr ein dickes Bussi geben:
"Bitte, verzeih mir! Danke, daß Du trotz meiner Gemeinheit so lieb zu mir bist!"
Antworten