Die Genien des Kopfbahnhofes

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sonnenfisch
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Die Genien des Kopfbahnhofes

Beitrag von sonnenfisch »

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Die Genien des Kopfbahnhofes
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Die Genien eines Kopfbahnhofs,
eines Kopfbahnhofs
mit allüberspannendem Dach:
gläsern, transparent:
zum Himmel hin offen,
einladend offen zur großen Stadt!

Das Reisen der Sinne über Tage:
die Stadt begrüßen, betrachten, bewundern:
einfahrend - verweilend - ausfahrend!
Wie bezaubern die Hänge von Stuttgart!

Die grandiosen Potenzen
des Bestehenden
schätzen, bewahren und nutzen:
die Genien der Vernetzungen,
die Genien der Weitläufigkeit, die
Genien der Gastfreundschaft, die Genien
der Brücken und Rampen
im Schienenvorfeld dieses Bahnhofs!

Die Genialität des Überkommenen begreifen
und ihren Impetus fortführen:
weitere Brücken und Rampen errichten,
weitere Geleise verlegen, neue
Tunnelpassagen bohren!
Behutsam: Projekt
um Projekt. Im Baukastensystem.

Unserem Schuldenmontblanc ins Auge blicken,
sein Ausmaß empfinden,
seine Bitternis schmecken.
Das Gemeinwohl wieder achten.

Den ererbten Bahnhof bewahren, indem
wir ihn erneuern ...
den gewachsenen Bahnhof
am Stadtpark
und am Boulevard!
Welch faszinierendes Bündnis!

Das Neue in Einklang bringen mit
dem ehrwürdigen, von
den Bomben verschonten Bauwerk
des Paul Nikolaus Bonatz ...
in Einklang bringen mit dem Schlosspark:
dieser atmenden Perle im Zentrum der Metropole ...
mit der Schönheit unseres Stadtbilds, ohne
ein Bahnhofsbollwerk von
acht Metern Höhe mit
grandiosen Gupschaugen obenauf
im Herzen unseres Grüngürtels ...
in Einklang bringen mit der Schönheit
unseres Stadtbilds, ohne
seelenlose Viertel im Tal ... das Neue
in Einklang bringen mit den Schichten
unserer städtischen Geschichte.

Die Wasser und Mineralwasser des Grundes
achten und beachten!

Und in Weisheit auf einige der Bebauungsfelder
einfach verzichten: sich begnügen und
die Felder begrünen ... was hülfe es dem Menschen,
wenn er - gleich Judas Ischariot -
seine Seele und die Seele seiner Stadt verkaufte
für zwanzig und fünf solcher Felder?
- Welch schwierige Lektion
in der Wucherlogistik des Mammon!

Es lebe die Genialität eines Kopfbahnhofes:
Lassen wir uns von ihr inspirieren
in Stuttgart, in Leipzig
und in Frankfurt, in München
und in Zürich,
im Gare de l'Est wie im Gare du Nord von Paris!

Sich der Genien eines Kopfbahnhofs erfreuen,
eines Kopfbahnhofs
mit allüberspannendem Dach:
gläsern, transparent: zum
Himmel hin offen und
einladend offen zur großen Stadt!


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(c) August Sonnenfisch, 15. November 2010 ff
Christoph Ingenhoven ist der Architekt des geplanten Halbtiefbahnhofs,
Roland Ostertag entwarf ein allüberspannendes Dach für den Kopfbahnhof
und hielt dazu einen Vortrag in der 5. Geißler-schen Expertenrunde.[/size]
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